Läden in Brunsbüttel-Mähl

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Uwe Möller, Tel. 04852 2189, mail: Gabuwe@t-online.de

An dieser Stelle herzlichen Dank
an Hans-Detlef Mähl für das „Familienmaterial“ und die Erlaubnis, dieses veröffentlichen zu dürfen,
an Ute Hansen vom Stadtarchiv Brunsbüttel, Bernd Schmidt, Uwe Borchers, Paul Mehlig und Jürgen Peters für Zeitungswerbung, Fotos und sonstige Unterstützung

Der Raumausstattermeister Hans- Detlef Mähl betreibt seinen Familienbetrieb in der Sackstraße 4 in Brunsbüttel (Ort) seit 1980 bereits in der sechsten Generation in linearer Folge. Damit ist sein Betrieb der älteste in Brunsbüttel und mit einer der drei ältesten überhaupt in Schleswig Holstein.

Die Geschichte des Betriebs in Kurzform

  • 1807 – Johann Michael Christoph Mähl macht sich als Sattler selbständig
  • 1813 – Johann Michael Christoph kauft das Haus in der Österlichen Straße (heute Sackstraße 4)
  • 1820 – Eingabe an den dänischen König zwecks Erhaltung einer „Concession“
  • 1823 – Nach dem Tod Johanns führt die Witwe das Geschäft mit Gesellen weiter
  • 1833 – Der älteste Sohn, Johann Carl Friedrich Mähl, übernimmt den Betrieb
  • 1879 – Nach dessen Tod betreibt Johann Peter Friedrich (genannt Fritz) Mähl die Sattlerei bis 1910
  • 1910 – Franz Johann Heinrich Mähl, Großvater von Hans Detlef Mähl, übernimmt den Betrieb
  • 1932 – Das Gebäude Sackstraße 4 wird erneuert und vergrößert
  • 27. September 1944 – Karl-Hermann Mähl übernimmt das Geschäft seines Vaters
  • 06. Juni 1980 – Hans-Detlef Mähl übernimmt das Geschäft von seinem Vater

Die Geschichte des Betriebs bis 1879

Originalschreiben an den dän. König-1820
Originalschreiben an den dän. König-1820

Gründer der Sattlerei war der am 18. April 1770 in Galenbek, Mecklenburg-Vorpommern, als Sohn eines Schäfers, geborene Johann Michael Christoph Mähl. Er erlernte das Sattlerhandwerk und zog als Wandergeselle durchs Land, bis er dann schließlich in Brunsbüttel eine feste Bleibe fand und sich dort 1807 selbständig machte. Er erwarb von einem Schuhmacher namens Christian Hermann Husen für 509 Reichsthaler und 32 Schilling das Grundstück, auf dem noch heute das Geschäft betrieben wird – Sackstraße 4. Zu der damaligen Zeit hieß diese Straße allerdings noch „Österliche Straße“.
Im Jahre 1820 bat Johann den dänischen König in einem Schreiben „allerunterthänigst“ um eine Concession als Lohgerber für seinen Sattlerbetrieb, da die Sattler damals ihr Leder gern selbst gerbten.
Nach relativ kurzer Zeit hatte der Firmengründer bereits ein so hohes Ansehen erworben, daß man ihm im Ort den Posten des Viertelsvorstehers anvertraute. Aus heutiger Sicht könnte man es mit dem Bürgermeisteramt vergleichen.
Am 24. März 1823 verstarb Meister Mähl. Seine „Witfrau“ Elsabe führte den Handwerksbetrieb mit Hilfe ihrer Gesellen weiter, bis ihr ältester Sohn Johann Carl Friedrich herangewachsen war, seine Ausbildung und seine Wanderjahre beendet hatte und 1833 den Betrieb übernehmen konnte. Wie bereits sein Vater war auch er einige Jahre Viertelsvorsteher des Fleckens Brunsbüttel. Er führte die Sattlerei bis zu seinem Tode, 1879.

„Übersetzung“ (Transkription) der Eingabe an den dänischen König

„An Se. Königl. Majestät.
Seit ungefähr 13 bis 14 Jahren wohne ich als Hauseigenthümer in Brunsbüttel und treibe das Handwerk eines Sattlers, welches ich zünftig gelernt habe; ich bin ungefähr 50 Jahre alt, bin verheiratet und habe 4 unerzogene Kinder. Soviele Arbeit habe ich, als ich selbst verarbeiten kann, mehr aber nicht, und zu dieser Arbeit wird das erforderliche Leder von mir selbst zubereitet. Ew Königliche Majestät bitte ich allerunterthänigst um die allerhöchste Concession als Lohgerber ansuchen zu dürfen.
Allerunterthänigst
Johann Mähl“

Die Wanderjahre von Johann Carl Friedrich (1830-1831) und seinem Sohn (1864-1868)

In früheren Jahrhunderten war es für Handwerksgesellen Brauch, auf Wanderschaft zu gehen, um die Unterschiede im Berufszweig kennenzulernen. So war es auch bei dem Sohn des Firmengründers, Johann Carl Friedrich und dessen Sohn Johann Peter Friedrich Mähl.
Bei diesen Wanderungen mußte der Geselle ein Wanderbuch mit sich führen. Das zeigte bestimmte Regeln auf, an die sich der Wandergeselle strikt zu halten hatte, von denen hier auszugsweise einige aufgezählt werden sollen:

Jeder Handwerksgeselle muß sich bei Ankunft in einer Stadt oder einem zunftberechtigten Flecken zunächst bei der örtlichen Polizeibehörde melden und ebenso, wenn die Reise weitergeht. Findet er dort keine Arbeit oder es sind keine Meister seiner Zunft vorhanden, so darf er sich dort ohne weitere polizeiliche Bewilligung nur 24 Stunden aufhalten.
Findet er vor Ort bei einem Meister Arbeit, so muß er sich beim Verlassen in seinem Wanderbuch einen Zeugniseintrag ausstellen lassen. Will der Geselle bei einem zur Haltung von Gesellen berechtigten Landbewohner in Arbeit treten oder zu einem anderen Zweck sich länger als zwei Tage auf dem Lande aufhalten, so muß er sich von der Ortspolizeibehörde die Genehmigung holen und dies in dem Wanderbuch eintragen lassen.

Ein Geselle, der den Vorschriften zuwiderhandelt, wird entweder mit einer Geldstrafe oder mit 1 – 3 tägigem Gefängnis bei Wasser und Brot bestraft.

Johann Peter Friedrich Mähl-Bleistiftzeichnung

Wenn ein Geselle jemandem sein Wanderbuch gibt, um darauf zu reisen oder sich dadurch zu legitimieren, so wird derselbe dafür mit einer 2 bis 8 Mal fünftägigen Gefängnisstrafe bei Wasser und Brot belegt.
Wer ein Wanderbuch verfälscht oder sich falscher oder verfälschter Wanderbücher bedient hat, erleidet dafür eine einjährige Zuchthausstrafe.
Der folgende Absatz ist original aus dem Wanderbuch des Sattlergesellen Johann Carl Friedrich Mähl aus dem Jahre 1830 übernommen:

Wenn es sich ergibt, daß ein Geselle, welcher in den Herzogthümern wandert, in den letzten sechs Wochen in seinem Handwerk nicht gearbeitet hat, so muß derselbe durch obrigkeitlich ausgestellte oder beglaubigte Bescheinigungen darthun, daß er durch gültige Ursachen verhindert worden ist, in Arbeit zu treten, oder, daß er sich außer seinem Handwerk auf ehrliche Weise ernährt hat. Ist der Geselle hiezu nicht im Stande, so wird er nach den für Vagabonden bestehenden Vorschriften bestraft, und wenn er ein Ausländer ist, unter Bemerkung der Ursache in seinem Wanderbuche über die Gränze transportirt.
Diese Vorschrift findet aber auf Maurer- und Zimmergesellen keine Anwendung.
Ende des Originals

Einem Wandergesellen ist es verboten zu betteln. Kann er in einem Ort, in dem eine Zunft seines Handwerks vorhanden ist, keine Arbeit bekommen, so kann er unter Vorweisung seines Wanderbuches einen „Zehrpfennig“ erhalten. Geschenke und sonstige Unterstützung kann der Geselle nicht verlangen.

[Anmerkung des Verfassers: Es handelte sich bei den Wanderungen um eine Zeit, in der es noch viele Grafschaften, Herzogtümer und Fürstentümer gab (ein geeintes Deutschland gab es erst im Jahre 1871) und wo Schleswig Holstein noch dänisch war (das änderte sich erst ab dem Jahre 1864)].
Aus diesem Grund sind die Regeln des Wanderbuches in deutsch und dänisch verfaßt.

Aus dem Wanderbuch des Sattlergesellen Johann Carl Friedrich Mähl-1830-31

Aus dem Wanderbuch des Sattlergesellen Johann Peter Friedrich Mähl-1864-1868

Die Geschichte des Betriebs ab 1879

Johann Mähl,Hindenburgstr.4 (aus dem Adressenverzeichnis von 1938)
Franz Johann Heinrich Mähl, 1967
Karl Hermann Mähl, 1960er


1879 übernahm wiederum der älteste Sohn, Johann Peter Friedrich, genannt Fritz, den Betrieb. Ein Jahr später, 1880, wurde Franz Johann Heinrich Mähl, der Großvater von Hans-Detlef Mähl, geboren. Fritz war Geschäftsinhaber bis 1910 und einige Jahre Mitglied der Gemeindevertretung Brunsbüttels.

Die nächste Generation war wieder durch einen Johann vertreten, Franz Johann Heinrich Mähl. Es war der Großvater von Hans-Detlef, der 1910 den Betrieb übernahm. 1932 baute er an der alten Stelle das jetzige, vergrößerte Haus Sackstraße 4. Johann war von 1925 bis 1933 Vorsitzender des Handwerkerbundes und von 1933 bis 1945 Ortshandwerkermeister von Brunsbüttel-Brunsbüttelkoog. Der Gemeindevertretung gehörte er ebenfalls von 1927 bis 1945 an.

Am 27. September 1944 übernahm schließlich der 1920 geborene Karl-Hermann Mähl, den Betrieb von seinem Vater. Nach dem Krieg, den er nicht ohne Verletzungen überstand (er war beinamputiert), versah er den Posten eines Schriftführers und war dann ab 1950 Obermeister der Sattler- und Tapezier-Innung. Karl-Hermann Mähl war in der Gemeindevertretung Brunsbüttels unter Bürgermeister Kaminski tätig. Seit 1951 war er dort Mitglied und seit 1955 Fraktionsvorsitzender der Brunsbütteler Wählergemeinschaft. Er war eine Zeitlang stellvertretender Bürgermeister in Brunsbüttel (Ort).
Er erweiterte 1953 und in den folgenden Jahren das Geschäft durch An- und Umbauten.

Fotos Sackstraße 4, Mähl

BZ vom 11.04.2016

Am 6. Juni 1980 übernahm der 1945 geborene Hans-Detlef Mähl in 6. Generation den geschichtsträchtigen, elterlichen Betrieb.
Er begann seine Lehre als Polsterer und Dekorateur bei Tapeziermeister Willi Stieper in Itzehoe. Den Erfolg seiner Lehre krönte die Beteiligung an einem Leistungswettbewerb Schleswig Holsteins, bei dem er Landessieger wurde. Beim Bundeswettbewerb, an dem jeder Landessieger automatisch teilnahm, wurde ihm nicht geglaubt, daß er den Polstersessel, der ihn zum Landessieger gekürt hatte, selbst und in fremder Werkstatt angefertigt hatte. So wurde er ungerechtfertigterweise und ohne weitere Überprüfung des Tatbestandes von der Teilnahme disqualifiziert.
Nach der Bundeswehrzeit und weiteren 3 Gesellenjahren bei „Möbel-Stieper“ besuchte Hans-Detlef Mähl die Meisterschule für Raumausstatter in Oldenburg, die er ebenfalls mit Auszeichnung bestand.
1980 übernahm er den väterlichen Betrieb und bereits zwei Jahre später wurde das 175-jährige Jubiläum des Betriebs gefeiert.
In einem Zeitungsinterview erwähnte Hans-Detlef Mähl auf Anfrage, daß er den früheren Beruf des „Sattlers“ nicht mehr gelernt hatte, da sich das heutzutage nicht mehr lohne. Kam dennoch mal jemand vorbei, um Sattelzeug „flicken“, zu lassen, hat Vater Karl-Hermann ausgeholfen.
2018 mußte Hans-Detlef Mähl aus gesundheitlichen Gründen den Laden schließen. Damit endet die Ära Mähl.

„Kattunrieter“

Kattun

Als Hans-Detlef Mähl einmal einem Einheimischen in einem „Klönschnack“ erzählte, daß er das Geschäft übernimmt, wurde ihm auf Platt die Frage gestellt: „Ach, Du wullt uk Kattunrieter warrn?“ .
Der Ausdruck erklärt sich wie folgt:
“Kattun“, engl. cotton, ist der plattdeutsche Name für Baumwolle und „Rieten“ heißt auf hochdeutsch Reißen. Baumwollstoff wurde beim Zurechtschneiden nur ein Stück mit der Schere eingeschnitten und dann konnte man das Teil abreißen und verarbeiten.

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