Erster Spatenstich beim Kanalbau-Schürfloch

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Im Bauamt I, Brunsbüttel, von dem aus der Anfang des Baus des Kaiser-Wilhelm-Kanals gemacht werden sollte, war man der Meinung, daß dazu die Feier eines „ersten Spatenstiches“ gehöre.

Spuk im Schürfloch

(Quelle: „Die Geschichte des Kaiser-Wilhelm-Kanals“ von Karl Ernst Kaminski)

Julius Gätjens, einer der Teilnehmer, berichtete darüber 1938 in „Die Heimat" unter anderem:
„Zwar handelte es sich zunächst nur um ein sogenanntes „Schürfloch“, das in der Achse des Kanals in voller Breite und Tiefe auf der Länge von 100 Meter hergestellt werden sollte, damit man hieran die Bodenbeschaffenheit und namentlich die Standfestigkeit der Böschungen prüfen konnte. Da sich aber an dieses Schürfloch nachher in beiden Richtungen der Kanalaushub anschließen sollte, so war die Feier eines ersten Spatenstiches schon jetzt zweifellos berechtigt.
So begaben wir uns, das heißt der Vorstand des Bauamtes, die Beamten und Angestellten, und die beiden bisher noch allein vorhandenen Arbeiter am trüben Morgen des 10. Februar 1888 nach Kilometer 0,8 der abgesteckten Kanalachse, und die große Feier konnte beginnen. Das Bauamt hatte sich dafür in die Kosten eines nagelneuen Spatens gestürzt.
Unser „Chef" (Hermann Keller – siehe auch Die Amtsvorstände des WSA-Brunsbüttel) überreichte seiner Frau, die er zusammen mit einigen anderen Brunsbütteler Freunden zu unserer aller Freude mitgebracht hatte, den neuen Spaten, der nun feierlich und unter höchster Spannung des genauen Dutzend der Anwesenden (es waren nicht 13, wie nachher behauptet worden ist) von ihr in die Erde gesenkt wurde. Mag es nun sein, daß der Boden etwas gefroren war, oder daß Frau Keller in der Handhabung dieses Instrumentes nicht genügend vorgebildet war, der Spaten brach bei der nächsten Bewegung unten am Blatt plötzlich ab. Die schöne Feier war empfindlich gestört und konnte nur mit Hilfe eines Spatens der Arbeiter notdürftig zu Ende geführt werden. Wir alle wurden zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, und so wuchs denn auch Gras über diese Geschichte.
Aber das Schürfloch hatte diesen verunglückten Spatenstich als kränkende Behandlung nicht vergessen. Als man an die Ausführung der Arbeit ging, machte der erste Unternehmer pleite, der zweite folgte ihm, und erst der dritte brachte die Arbeit mit Mühe fertig. Im folgenden Winter hieß es in Brunsbüttel und Umgegend plötzlich: „In dat ole Lock, dor spökt dat." In der Tat zeigten sich in der Dämmerung an den Böschungen kleine bläuliche Flämmchen, die geisterhaft wirkten und die Vorübergehenden veranlaßten, sich schnell an der anderen Seite der Landstraße, neben der das Schürfloch lag, vorbeizudrücken. Man konnte doch nicht wissen!
Kluge Leute behaupteten zwar, die Sache sei ganz harmlos und als Wirkung von Sumpfgasen anzusehen. Wir Teilnehmer an der verunglückten Spatenstichfeier wußten es aber besser!“

(In den Zeichnungen der Bohrlöcher wird auf die Gasfunde hingewiesen)

Aus der Kanal-Zeitung 1888


37 Probebohrungen

(Quelle: „Bahnen, Häfen, Kanäle“ von Enno Vering)
siehe auch: Hermann Vering-Erbauer der Alten Schleuse Brunsbüttel

Nachträglich colorierte Originalzeichnung

Zur Feststellung der Bodenverhältnisse wurden von Dezember 1888 bis Februar 1889 in der Grundfläche der Schleuse und im Gebiet des Vor- und Binnenhafens 37 Bohrungen vorgenommen, von denen 9 auf die Schleusenbaustelle entfielen.

Zwei dieser Bohrungen wurden bis zu größerer Tiefe und mit genaueren Angaben über die Beschaffenheit und Festigkeit der durchbohrten Schichten, sowie über die Grundwasserverhältnisse ausgeführt, die eine im Vorhafen in nächster Nähe der Schleuse, die andere im Binnenhafen. Das allgemeine Urteil über die Bodenverhältnisse in dem untersuchten Gebiet wurde in dem Bericht des Beamten, der die Bohrungen geleitet hatte, in folgenden Sätzen zusammengefaßt:

Bohrungen 5 und 25 (Nach Originalzeichnungen nachgearbeitet)

„Die Reihenfolge der Schichten scheint im ganzen Hafengebiet, von einigen kleinen Unregelmäßigkeiten abgesehen, gleichmäßig zu sein, Stärke und Höhenlage dagegen etwas verschieden. Auf die durchschnittlich 3 m starke Ziegelerde mit zwischenliegender Torfschicht folgt eine etwa 16 m starke Schicht Marschklei mit mehr oder weniger durchweg feinem Sande. Der hierunter liegende, teilweise mit etwas Klei vermischte, teilweise reine mittelgrobe Sand, der sich nesterweise auch in höheren Schichten findet, ist südlich vom Binnenhafen und in der Mitte desselben auf etwa + 2,0 angetroffen, bei der Hälfte der Bohrlöcher jedoch überhaupt nicht erreicht worden. Wie Nr. 3, 5, 25 und 26 erkennen lassen, ist diese obere Sandschicht nur von geringer Mächtigkeit, eben¬so die darauf folgende Schicht, die aus sehr festen, mergelartigen Letten besteht. Aus Nr. 3, 5 und 25 ergibt sich, daß auf den Letten eine aus reinem grobkörnigem, mit zahlreichen Geschieben gemengtem Sand bestehende Schicht folgt, die bei Nr. 25 rund 9 m Mächtigkeit besitzt und bei Nr. 5 mit 9 m noch nicht vollständig durchfahren war. Die unterste nur an einer Stelle, bei Nr. 25, auf l m Tiefe angebohrte Schicht besteht aus sehr festem Geschiebemergel. Der als „Klei mit Sand" bezeichnete Boden, in welchem die Baugruben unterhalb + 17,5 auszuheben sind, ist ein Gemenge von Tonerde mit feinem Sand und Glimmer in wechselnden Verhältnissen, mit organischen Resten bis zur größten Tiefe durchsetzt. In manchen Lagen, besonders in der oberen, 3 m starken, im westlichen Teile auch in den unteren Lagen hat das Gemenge vorherrschend sandigen Charakter, in anderen Lagen ist es sehr fett. Zuweilen gehen die fetten und mageren Schichten unmerklich ineinander über, zuweilen sind sie scharf gegeneinander abgegrenzt, sodaß waagerechte, äußerst dünne Sandschichten mit etwas stärkeren Kleischichten regelmäßig wechseln.

Bei allen Bohrungen hat sich ergeben, daß der Klei dem Eindringen des Bohrgeräts erheblich größeren Widerstand entgegensetzte, als die sandigen Schichten. Ferner blieb bei fast allen Bohrungen das Bohrloch bis in große Tiefen frei, nur ganz ausnahmsweise trat schon in den über + 5,0 gelegenen Schichten Versandung ein. Der Klei ist daher als fester, teilweise sogar sehr fester Boden zu bezeichnen, der jedoch wie jedes Gemenge von Tonerde und Sand bei unvorsichtiger Behandlung und mangelhafter Entwässerung aufgeweicht werden kann, in welchem Falle er stark drängt und zu Rutschungen neigt". Dementsprechend wurde der Entwurf für das Beton-Grundmauerwerk und die dasselbe begrenzenden und teilenden Spundwände aufgestellt, er war für beide Arten der Bauausführung gleich. Es wird auf ihn jedoch nicht näher eingegangen, da sich im Verlauf der Bauausführung herausstellte, daß die aus den Bohrungs-Ergebnissen gezogenen Schlüsse nicht zutreffend waren und deshalb die bisherigen Baupläne als unausführbar aufgegeben werden mußten. Zur Ausführung gelangte aus den bei der Erörterung der Bauvorgänge später angegebenen Gründen ein dem ganzen Schleusenbauwerk gemeinschaftliches Betonbett. Der Querschnitt des Betonbetts war unter den Torkammern und Drempeln ein anderer, als unter den übrigen Teilen der Schleuse. Unter jenen hatte er - abgesehen von den Überschneidungen bei den Spundwänden - die Form eines rechteckigen waagerechten Balkens, die obere und untere Begrenzung des Betonkörpers bilden der Oberfläche der Torkammerböden entsprechend waagerechte Linien; in den Schleusenkammern dagegen war die Betonsohle so angelegt worden, daß sie überall ungefähr gleichen Abstand von der gewölbten Schleusensohle und das ganze Grundmauerwerk für jede der beiden Kammern die Form eines umgekehrten Gewölbes hat. Das aufgehende Mauerwerk wurde hauptsächlich aus Ziegeln ausgeführt, die in der Nähe der Baustelle aus dem dazu geeigneten Teil des Aushubbodens gebrannt wurden. Alle vorspringenden Kanten, sowie solche Mauerteile, zu denen besondere Formsteine notwendig gewesen wären, und die Abdeckungen der Schleusenmauern wurden aus Werksteinen von bayrischem Granit hergestellt; im übrigen wurden die sichtbaren Flächen des Mauerwerks mit Klinkern verblendet, die aus Schweden bezogen, von ungewöhnlicher Festigkeit und in der Form sehr gleichmäßig waren. Auch zu den Übermauerungen des Betons in den Schleusen-und Torkammern wurden Klinker verwandt. Als Bindemittel kam größtenteils Zementmörtel zur Verwendung, für gewöhnliches Ziegelmauerwerk im Mischungsverhältnis von l Teil Zement zu 3 Teilen Sand, für das Klinker- und Quadermauerwerk in den Verhältnissen l: 2 und 1:1. Ein Teil des Mauerwerks wurde, um einen beim Betonie¬ren übriggebliebenen Rest von Traß zu verbrauchen, in einem Gemisch von Zement- und Traßmörtel ausgeführt, bestehend aus l Raumteil Zement, l Teil Traß, 2/3 Teile gelöschtem Kalk und 4 Teilen Sand.

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