Die Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals
Vorbereitungen
Auf allerhöchsten Befehl wurden für die Eröffnungsfeierlichkeiten nachstehende Komitees geschaffen:
Aus der Kanal-Zeitung
Hamburg
Brunsbüttel
Kiel, Holtenau
Die Feier in Hamburg
(Text: Dieter Sejak)
Die Feierlichkeiten begannen in der Freien Hansestadt Hamburg am 19. Juni 1895. Die festlich geschmückte Stadt empfing an diesem Tag neben dem Kaiserpaar fast alle regierenden Fürstlichkeiten nebst Gefolge. Aus dem Ausland waren neben den zahlreichen Diplomaten auch höchste Marineoffiziere der meisten seefahrenden Nationen zugegen. Der Hamburger Bürgermeister gab am Abend im Rathaus ein Eröffnungsmahl, woran neben den 64 Gästen der Fürstentafel weitere 400 geladene Personen teilnehmen durften. Zur Unterhaltung der Gäste fand ein fast dreistündiges Programm von Schaustellern statt. Hierfür wurde eigens auf der Alster eine künstliche Insel errichtet, welche auf 750 Pfählen ruhte und eine Gesamtfläche von 5800 m² hatte. Der Abend endete mit einer Beleuchtung der Elbufer von Hamburg bis Blankenese zu Ehren des Kaisers und seiner Gäste.
Nach einem opulenten Menü im Hamburger Rathaus wurden die Gäste auf die im Hafen liegenden Schiffe gebracht. Kaiser Wilhelm II. begab sich an Bord seiner Yacht „Hohenzollern“. Der Schiffskonvoi, angeführt von der Kaiseryacht, legte gegen Mitternacht ab und fuhr elbabwärts in Richtung Brunsbüttel.
Die Feier in Brunsbüttel
(Text: Dieter Sejak)
Im Morgengrauen des 20. Juni erreichte die Kaiserliche Yacht die Schleuse in Brunsbüttel, wo sich wohl die gesamte Bevölkerung bereits eingefunden hatte und die Flotte entsprechend begrüßte. Gegen 4 Uhr früh am 20. Juni zerschnitt die Hohenzollern das über den Kanal gespannte Band. Damit war der Kanal offiziell eröffnet und für die Schiffahrt freigegeben. Die Flottenparade, bestehend aus 24 Schiffen (davon 14 Schiffe aus dem Ausland), machte sich auf den Weg Richtung Ostsee.
Werbung aus der Kanal-Zeitung
Der Schiffskorso
Vorneweg natürlich SM der Kaiser mit den Prinzen und engsten Ratgebern auf der Kaiserjacht Hohenzollern (3811 BRT, 116m lang, gebaut 1893 in Stettin)
Die Reihenfolge der übrigen Schiffe
Der Konvoi bestand aus weiteren 23 Paradeschiffen in der Reihenfolge:
- S.M. Aviso „Kaiseradler"
- an Bord der Prinzregent von Bayern, die Könige von Sachsen und Württemberg, der Großherzog von Baden und der Großfürst Alexis von Rußland
- Begleitschiff und Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II"
- an Bord deutsche Fürsten, Gesandte und Minister
- Oldenburger Jacht „Lensahn"
- an Bord der Großherzog von Oldenburg
- Britische Jacht „Osborne"
- an Bord der Herzog von York
- Italienische Jacht „Savoia"
- an Bord der Herzog von Genua
- Österreichisch-ungarischer Aviso „Trabant"
- an Bord der Erzherzog Stephan von Österreich
- Hapag-Schnelldampfer und Begleitschiff „Augusta Victoria"
- an Bord Diplomaten und Bundesrat
- Hapag-Schnelldampfer und Begleitschiff „Columbia"
- an Bord Mitglieder des Reichstages
- Hapag-Postdampfer und Begleitschiff „Rhaetia"
- an Bord Parlamentarier anderer deutscher Bundesstaaten
- Lloyd-Schnelldampfer und Begleitschiff „Trave"
- an Bord Mitglieder des Preußischen Landtages
- S.M. Aviso „Grille"
- an Bord der Kommandierende Admiral Knorr
- Italienisches Torpedoschiff „Aretusa"
- an Bord Vice Admiral Accini
- Britische Admiralsjacht „Enchantress"
- an Bord Vice Admiral Kerr
- Französischer Kreuzer III. Klasse „Surcouf"
- an Bord Conter Admiral Menard
- Russisches Kanonenboot I. Klasse „Grosjaschtschi"
- an Bord Conter Admiral Skrydloff
- Spanischer Aviso „Marques de la Ensenada"
- an Bord Conter Admiral de Espenosa
- Schwedisch-norwegisches Kanonenboot I. Klasse „Edda"
- an Bord Conter Admiral Klintberg
- Schwedisch-norwegischer Kreuzer III. Klasse „Viking"
- Amerikanischer Kreuzer II. Klasse „Marblehead"
- an Bord Conter Admiral Kirkland
- Rumänisches Schulschiff „Mircea"
- an Bord Kapitän zur See Urseanu
- Dänischer Kreuzer III. Klasse „Hecla"
- an Bord Kapitän zur See Gad
- Niederländischer Kreuzer III. Klasse „Alkmaar".
- an Bord Kapitän zur See van Wanning
- und zuletzt der türkische Aviso „Fuad“
- an Bord Vice Admiral Arif Pascha
Die Feier in Kiel
(Text: Dieter Sejak)
Die Flottenparade auf dem Weg nach Kiel glich einem einzigen Volksfest. Beide Seiten des Kanals waren von Zuschauern umlagert, die sich dieses Spektakel nicht entgehen ließen und die auch sicherlich stolz auf dieses Bauwerk waren. In Rendsburg zum Beispiel begrüßte eine Musikkapelle jedes passierende Schiff mit der entsprechenden Nationalhymne. Das lief auch programmgemäß ab, bis sich das letzte Schiff, die türkische Jacht „Fuad“ näherte. Da bemerkten die Musiker, daß ihnen die Noten der türkischen Hymne fehlten. Sie wußten sich aber zu helfen und spielten kurzentschlossen „Guter Mond, du gehst so stille...“
Gegen 12:30 Uhr, nach 8,5 Stunden Fahrzeit, erreichte die Flottenparade, angeführt von der Kaiseryacht, die Ostsee. Inzwischen hatten sich in Kiel weitere ausländische Kriegsschiffe eingefunden um sich ein Stelldichein mit der deutschen Flotte zu geben. Nachdem das letzte Schiff angekommen war, befanden sich neben den 53 deutschen Schiffen auch 53 Kriegsschiffe anderer Nationen im Kieler Hafen.
Am 21. Juni 1895 wurde dann durch den deutschen Kaiser in Holtenau auf dem dortigen Festplatz der Nord-Ostsee-Kanal „Kaiser-Wilhelm-Kanal“ getauft, zum Andenken an den 1888 verstorbenen Kaiser Wilhelm I., der maßgeblichen Anteil am Zustandekommen des Bauwerkes hatte.
Im Anschluß fand im Hafen von Kiel eine Revue der anwesenden Schiffe statt, bevor am Abend in einer, eigens für diesen Anlaß errichteten Halle, wiederum ein Festessen für geladene Gäste stattfand. Auch hierbei wurde ein unglaublicher Aufwand betrieben. Der Gast in der Halle hatte das Gefühl sich auf dem Deck eines großen Dreimasters zu befinden. Die Tafeln waren mit insgesamt 116.000 Rosen geschmückt und im Mittelpunkt stand die Takelage der 1849 erbauten Fregatte „Niobe“.
Der Schlußtag der Feierlichkeiten am 22. Juni war nicht mehr dem Kanal, sondern der Verabschiedung der in- und ausländischen Gäste gewidmet. Die an den 4 Festtagen doch hart strapazierten Reichstagsabgeordneten leisteten sich eine ganz besondere Abschlußfeier. Auf Einladung des Norddeutschen Lloyds fuhren sie anschließend um die Nordspitze Dänemarks, um Skagen herum nach Bremen, wahrscheinlich um einen Vergleich des nun „alten“ Wasserweges mit dem „Kaiser-Wilhelm-Kanal“ zu bekommen. Der Vergleich fiel erheblich deutlicher aus als geplant, denn das Schiff kam bei Skagen in einen schweren Sturm. Aus dem Festschiff wurde ein Lazarettschiff und alle Parteidifferenzen waren vergessen. Um die richtige Einschätzung des Wertes des Kanals brauchte man sich danach nicht mehr zu sorgen. Die Fertigstellung des Kanals war auch der Beginn der Pauschalreisen per Schiff in Deutschland. Die ersten englischen Gruppenreisen wurden von der Hamburger Reiseagentur Carl Stangen nachgeahmt. Seine Gesellschaft firmierte später unter dem Namen Hapag Lloyd.
Kanalzeitungsberichte von den Feierlichkeiten
Hamburg
Brunsbüttel
Kiel, Holtenau
Einladungen, Urkunden, Medaillen etc
Siehe auch Medaillen von Kaiser und Kanal
Eröffnungsstempel
Auch die Briefmarkensammler kamen bei den Feierlichkeiten nicht zu kurz. Die Reichs-Postverwaltung hat Vorkehrungen getroffen, um dem zu erwartenden Ansturm von Postkartenversendern zu genügen. Fünf provisorische Postanstalten wurden extra eingerichtet, von denen vier einen besonderen Stempel hatten.
- Kiel – Marine – Akademie
- Kiel – Bellevue
- Holtenau – Festplatz
- Brunsbütteler - Schleuse
Postamt in Lotsenstation Aus Kanal-Zeitung 1895