Volksschule Brunsbüttel-Süd: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. Mai 2022, 09:38 Uhr
Diese und die anderen Seiten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Jeder Leser, der Fotos, Bilder oder Informationen dazu beitragen kann, sei hiermit herzlich gebeten, mir diese zukommen zu lassen.
Uwe Möller, Tel. 04852 2189, mail: Gabuwe@t-online.de
An dieser Stelle herzlichen Dank
an Ute Hansen vom Stadtarchiv für Zeitungsartikel, Werbung, Akten und Daten aus dem Gewerberegister
an Uwe Borchers, Armin Sendel, Arne Maaß, Franz Heiselmeier, Günter Remmers, Gerd Fries, Willi Hansen, Heinz Lewerenz, Christel Stührmann, Familie Gleimius, der Brunsbütteler Zeitung und dem WSA-NOK für Daten, Unterlagen, Fotos, Zeitungsartikel und sonstige Unterstützung.
Textquellen:
Stadtarchiv, Brunsbüttelkooger- und Brunsbütteler Zeitung
(Daten und Fotos Festgestraße aus „Chronik und Schicksal der Schule Süd“ von Rektor a.D. Willi Hansen)
Die Schulzeit vor Entstehung der Schule in der Festgestraße
Schülerverzeichnis 1876 - 1912
Der Stempel "Volksschule Brunsbüttelkoog-Ostermoor" auf dem ersten Bild besagt, daß zu der Zeit (1876) die schulpflichtigen Kinder aus dem Brunsbüttler-Koog (später Brunsbüttelkoog), die nicht in die Schule Brunsbüttelhafen gingen, die Schule Ostermoor aufsuchen mußten (der Stempel wurde wohl erst später auf die Vorderseite gedrückt, da es Brunsbüttelkoog 1876 noch nicht gab). Aus dem Schülerverzeichnis geht hervor, daß von den angezeigten 14 Schülern 11 aus dem Brunsbüttler-Koog stammten.
Schule Festgestraße 11
Einer der Hauptinitiatoren der Schule Süd war wohl der Hofbesitzer, Abgeordnete des preußischen Landtags und Gründer des Bürgervereins Brunsbüttelkoog Süd, Johannes Peters (1855 – 1922). Ausschlaggebend für seinen Protest und Aufruf zum Schulstreik 1896 war der nicht ungefährliche, weite Schulweg für die Kinder. Da in Brunsbüttelhafen erst 1782 die erste Schule entstand, mußten alle Kinder von dort und Brunsbüttelkoog die Schule in Ostermoor aufsuchen. Die Schüler, die ab 1782 die Schule in Brunsbüttelhafen benutzten, mußten nach Fertigstellung des Kanals entweder die damals noch handbetriebene Fähre oder den Weg über die Schleuse (heutige Alte Schleuse, die Neuen Schleusen entstanden erst 1908 – 1914 – Bau der Neuen Schleuse Brunsbüttel) benutzen, um ihre Schule in der Schulstraße (zu Fuß) aufzusuchen. Beide Wege waren eine Zumutung, es gab noch keine befestigten Straßen und Wege. Im Jahre 1897 handelte es sich um 65 schulpflichtige Kinder.
Die Gemeindevertretung des Brunsbüttel-Eddelaker-Kooges war sich dann auch zusammen mit den Schulträgern einig, daß es wohl für die Schüler der Südseite unzumutbar sei, weiterhin die Schule auf der Nordseite aufzusuchen (der Pastor, Mitglied der Schulträgerschaft, hatte zu der Zeit noch ein gewichtiges „Wörtchen“ mitzureden).
Die Brunsbütteler Land- und Ziegeleigenossenschaft (früher Festge) bot sich an, das Schulgebäude zu erstellen, wenn die Gemeinde es danach übernimmt. Den Bauplatz gab die Gesellschaft unentgeltlich her.
So konnte dann im Januar 1898 das 2-klassige Schulgebäude in der Festgestraße 11 bezogen werden. Am 1. April des gleichen Jahres erfolgte die endgültige Trennung der Schulgemeinde Brunsbüttelkoogs von der Brunsbüttelhafens. Die Schulgrenze wurde der Kanal, die Schulgrenze mit der Schulgemeinde Ostermoor wurde neu festgelegt.
Die Räumlichkeiten erwiesen sich schnell als zu klein. So wurde ca. 1900 ein „Ausweich-Klassenraum“ in der Fährstraße 15 (später Kaufmann Widderich) und ein weiterer auf der Nordseite in der Koogstraße 69 (später Schneiderei Kann) eingerichtet.
Der Einfluß der Kirche auf die Schulen zeigte sich auch im Unterrichtsstoff. Es wurden 6 Stunden Religionsunterricht in der Woche festgelegt, davon 4 Stunden biblische Geschichte und 2 Stunden Unterweisung im Katechismus (Katechisieren).
Weiterhin steigende Schülerzahlen führten dann 1904 zu einem Erweiterungsanbau auf 6 Klassen und somit auch zur Aufgabe der Räumlichkeiten in der Fähr- und Koogstraße.
1922 wurde in der Festgestraße 11 eine Jugendherberge mit 18 Betten auf dem Boden eingerichtet. Wegen Mangel an jugendlichen Wanderern wurde es 1936 aber wieder geschlossen (Jugendherbergen_in_Brunsbüttelkoog).
Fotos und Artikel Schule Festgestraße 11
Bücherei in der Schule
Quelle:Chronik und Schicksal der Schule Süd“ von Rektor a.D. Willi Hansen
1896, also zwei Jahre vor der Gründung der Schule Festgestraße 11, wurde der Bürgerverein Brunsbüttelkoog Süd gegründet. In den ersten Jahren des Vereinsbestehens gründete man eine kleine „Handbücherei“, um interessierten, lesehungrigen Mitgliedern die Möglichkeit des Ausleihens zu bieten. Eine öffentliche Bücherei gab es zu der Zeit nicht. Der Verein kaufte Bücher auf Empfehlung der Mitglieder und von Privat kamen Bücherspenden dazu, so daß in kürzester Zeit der Bestand auf 100 Bücher wuchs. Der Bücherverleih fand in den Mitgliederversammlungen statt, so daß diese herbeigesehnt wurden.
1903 waren die Bürgervereine Brunsbüttelkoog-Süd und Ostermoor bereit, ihre Büchereien zusammenzufassen. Einen geeigneten Raum fand man im Gebäude des Hausmeisters der Schule Festgestraße. So entstand die „Volksbücherei Brunsbüttelkoog-Ostermoor“, später umbenannt in „Volksbücherei Brunsbüttelkoog“. Man kann es wohl als Geburtsstunde der Stadtbücherei bezeichnen. Die Buchausgabe erfolgte jetzt zweimal die Woche.
Auch die Gemeinde Brunsbüttelkoog „ließ sich jetzt nicht lumpen“ und nahm in ihrem Haushaltsetat eine kleine Summe zur Bücherbeschaffung auf. Der erste ehrenamtliche Büroleiter der Bücherei war bis 1924 der Hauptlehrer Hermann von Rhein.
Mittlerweile wurde sie der Landesbüchereistelle Rendsburg unterstellt.
Die Bücherei in der Schule Festgestraße wurde dann im Jahre 1954 geschlossen.
Am 2. August 1958 wurde dann die Stadtbücherei im 1. Stock des Feuerwehrgerätehauses in der Fritz-Reuter-Straße eröffnet. Um die Bewohner der Südseite nicht zu benachteiligen, wurden etwa 800 Bände in einem dafür vorgesehenen Raum der neuen Volkschule Jahnstraße ausgelagert.
Die Stadtbücherei im neuen Schulzentrum wurde am 14. April 1978 eröffnet, zog aber nochmals um und wurde an seiner jetzigen Stelle am 18. Januar 1982 eingeweiht.
Die Gebäudenutzung Festgestraße 11 in der Übersicht
- Volksschule-2-klassig – (1898 – 1904)
- Volksschule-6-klassig – (1904 – 1951)
- Jugendherberge – (1922 – 1936)
- Boje-Mittelschule – (1952? – 1956)
- Sonderschule – (1958 – 1984)
- Berufsschule – (ab 1990 - 2015)
- Feuerwehr Brunsbüttel-Süd - (2015 - )
Alte Klassenfotos Schule Festgestraße
Foto Wilhelm Döring, Klasse von 1930, Wandbilder Hindenburg und Ebert
Schule Jahnstraße
In der Nachkriegszeit stieg die Bevölkerung des Ortes durch Flüchtlingszuwanderung aus dem Osten Deutschlands sehr stark an. Wegen Platzmangels wurden 1949 in einer Steinbaracke in der Annastraße, in der sich während des Krieges das Marinezeugamt befand, 2 Klassenräume provisorisch hergerichtet.
Es mußte eine größere Schule her. 1949 wurde schließlich mit dem Bau eines Volksschulgebäudes in der B-Straße (1950 Jahnstraße genannt) begonnen. Im ersten Bauabschnitt sollte das eigentliche Schulgebäude entstehen, im nächsten Haushaltsjahr eine Turnhalle und im weiteren dann ein Wohngebäude für den Rektor und den Hausmeister. Es kam dann doch anders, die Turnhalle wurde erst 1971 gebaut (siehe Turnhalle Süd).
Am 05.04.1951 wurde das Schulgebäude eingeweiht.
1952 errichtete man auf dem Boden der neu errichteten, 12-klassigen Volksschule wieder eine Jugendherberge, die 1956 allerdings schon wieder geschlossen wurde. (Jugendherbergen_in_Brunsbüttelkoog).
Die freigewordenen Räumlichkeiten in der Festgestraße 11 wurden nach dem Umzug der Volksschüler bis 1956 wegen Platzmangels von der Boje-Mittelschule genutzt.
Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, daß der Schulweg von der Nordseite zur Festgestraße mit den damaligen Dampffähren „Odin“, „Heimdall“ und „Primus“ (Primus hatte 2 Schornsteine), vor allem im Winter, mitunter recht abenteuerlich war. Nicht nur einmal ist es passiert, daß die Dampffähren mit Schlepperhilfe den vereisten Kanal durchkreuzen mußten, um dann mit einem Anlauf in die treibeisbesetzte Fährbucht „gedrängt“ zu werden. Es klappte auch nicht immer beim ersten „Anlauf“.
In den dampfbeheizten Kajüten konnte man noch schnell unvollständige Hausaufgaben beenden oder Vokabeln lernen.
Siehe auch Die Fähren in Brunsbüttel, Die Fähranlagen Brunsbüttel
Am 1.April 1957 wurde im Westteil des Schulgebäudes eine Hilfsschulklasse (Sonderschule) eingerichtet. Im März 1958 mußte dort bereits eine zweite Sonderschulklasse abgezweigt werden, so daß der Platz im neuen Schulgebäude schon wieder zu eng wurde. Aus diesem Grund wurde das Schulgebäude Festgestraße 11 wieder „aktiviert“ und die Sonderschule zog dort hinein.
Auf Vorschlag des Bürgervorstehers und Rektors der Boje-Mittelschule, Kuno Richardt, erhielt diese 1960 den Namen „Pestalozzi-Schule“. Diese war dort noch bis 1984 ansässig.
Anfang der 1990er-Jahre errichtete die Kreisberufsschule Meldorf dort eine Außenstelle für Auszubildende der chemischen Industrie.
Zeitungsartikel Volksschule Jahnstraße
Fotos Schule Jahnstraße
Aus dem Schulleben
Weitere Klassenfotos auf der Seite der Initiative Brunsbüttel-Süd e.V.
https://www.brunsbuettel-sued.de/schule/klassenfotos/
Turnhalle Süd
Der Schulsport konnte in früheren Jahren aufgrund fehlender Räumlichkeiten nur bedingt gefördert werden. Auf dem Schulhof der Schule Festgestraße 11 wurden Turngeräte, wie z.B. Klettergerüste und Barren, fest verankert. Bei ungünstiger Witterung fiel natürlich diese Sportmöglichkeit aus.
Der Sportverein VfB erlaubte später der Schule Süd, den vom Verein zu Turnzwecken gemieteten Saal des „Dithmarscher Hofes“ mit den vorhandenen Turngeräten wie Reck, Barren, Bock, Matten usw., mitzunutzen.
Nach Eröffnung der neuen Schule in der Jahnstraße wurde im dortigen Kellerraum eine Möglichkeit zum Turnen eingerichtet.
Als 1913 das Kraftwerk auf der Schleuseninsel gebaut wurde, war die Maschinenstation Alte Zentrale überflüssig geworden.
Das zugehörige Kesselhaus wurde dann 1956 - auf Betreiben des damaligen Bürgermeisters Henry Schwardt (Die Bürgermeister Brunsbüttels) und mit Genehmigung des Wasserbauamtes Brunsbüttelkoog - umgebaut in eine Turnhalle für die Schule Süd und den VfB-Brunsbüttelkoog.
Alte_Zentrale_und_Schleusenkraftwerke#Umbau_und_Abri.C3.9F
Artikel Turnhalle Alte Zentrale
Im März 1971 wurde die neue Turnhalle in der Jahnstraße eingeweiht und im November des gleichen Jahres die Turnhalle Alte Zentrale abgerissen.
Alte_Zentrale_und_Schleusenkraftwerke#Umbau_und_Abri.C3.9F
Fotos Turnhalle Jahnstraße
Artikel Turnhalle Jahnstraße
Das Aus der Schule Süd
Im Jahr 2009 mußte die Schule Süd, die seit Bestehen des Bildungszentrums, 1975/76, nur noch Grundschule war, ihre Pforten schließen. Die Schüler, 2009 noch 38, mußten danach wieder, wie vor über 100 Jahren, mit der Fähre ihren Schulweg zur „Boy-Lornsen-Schule“ in der Schulstraße auf der Nordseite Brunsbüttels antreten.
Ein Teil der ehemaligen Volks- und späteren Grundschule Süd in der Jahnstraße 3 wird heute (2021) von der Pauluskirche als Kindertagesstätte benutzt
(https://www.brunsbuettel.de/Familie_Bildung/Kindertagesst%C3%A4tten_in_Brunsb%C3%BCttel/Ev_Kindertagesst%C3%A4tte_Paulus_S%C3%BCd/)
Weiterhin ist das Stadtarchiv dort untergebracht (Stadtarchiv Brunsbüttel und in einem weiteren Teil des Hauses der Kinder- und Jugendtreff Süd.
(https://www.brunsbuettel.de/Familie_Bildung/Kinder_Jugend/S%C3%BCdseitentreff/).
Schulleiter und Lehrer der Schule Süd
Vogelschießen
Textquelle: 222 Jahre Schule Brunsbüttel
Der Brauch des Vogelschießens geht auf einen germanischen Mythos zurück. Auf der alljährlichen, altgermanischen Frühlingsfeier schoss man auf einen an der Stange befestigten Vogel, den unheiligen Höllenvogel. Indem man ihn erlegte, so der Glaube, verbannte man das Böse aus der Welt, um den Menschen zum Frühlingsanfang das Licht, das Gute, zu bescheren.
Im Mittelalter formierten sich die Bürger der noch jungen Städte in Bruderschaften oder Gilden, um dort das Schießen zu üben und sich gegenseitig zu helfen. Anfangs stand gewiss der militärische Zweck im Vordergrund, schließlich wollte der Umgang mit der Armbrust geübt sein. Doch schon bald traten die gesellschaftlichen Elemente in den Vordergrund. Seit dem 16. Jahrhundert gab es auf dem Land regelrechte Schützenfeste, bei denen auch neben dem Schuß auf den Vogel („Papagoy“ genannt) oder eine Scheibe auch andere Spiele, z.B. auch für Frauen, veranstaltet wurden. Dazu gehörten auch die Umzüge mit Fahnen schwenkenden Fähnrichen, Standreden und Königstanz.
Die Königskette aus Brunsbüttel von 1585 (heute im Dithmarscher Museum) ziert ein silberner Vogel, neben einem dicken Vogel auf der Stange.
Da die meisten Feste im 19. Jahrhundert mit Schießen und Spielen verbunden waren, ist es naheliegend, die Schulfeste ab 1870 nach diesem Vorbild zu gestalten. Und so wuchs der Wunsch, einmal im Jahr so ein Schulfest zu gestalten.
Während in vielen Orten das Kinderfest abgeschafft wurde, pflegt man in Brunsbüttel, nach einer Elternumfrage, den Brauch des Kindervogelschießens..
Zeitungsartikel Vogelschießen
Einschuljahrgang 1900
Dr. Peter Schade plaudert aus der Schulzeit
Leserbrief aus der Brunsbüttelkooger Zeitung vom 23.04.1960
Ist es wirklich schon 60 Jahre her, seitdem ich in die Schule kam? Frei nach Fritz Reuter möchte ich sagen:
Sössti Johr, een lange Tied,
wenn man se vör sick lingen süht.
Sössti Johr! Een korte Spann,
wenn man se süht von achtern an.
Das Osterfest des Jahres 1900 fiel auf den 15. und 16. April, d.h. wir hatten – wie in diesem Jahr (1960) – relativ spät Ostern und drei Tage später, am Donnerstag, dem 19. April, kam für uns Mädels und Jungen, d.h. für die größtenteils im Jahre 1894 geborenen Kinder, der große Tag der Einschulung.
Mit anderen Kindern und deren Eltern fand meine Mutter – mein Vater war bereits 1898 verstorben – sich mit mir am vorgenannten Tage in der Volksschule Brunsbüttelkoog-Südseite ein (Festgestraße 11). Damals gab es noch nicht wie heute, „Schultüten", gefüllt mit Schokolade, Bonbons, Gebäck usw. Nun, wir kannten so etwas nicht und haben es daher auch nicht entbehrt. Erfreut war ich, daß ich unter den zukünftigen Klassenkameraden einige Spielfreunde „von der Straße“ hatte. Es waren Johannes Kruse, Hanne Rehder, dessen Vater gegenüber der früheren Alten Meierei ein Schuhwarengeschäft betrieb, Albert Konow, Sohn des Hafenmeisters vom Binnenhafen neben dem früheren Kohlenlager, u.a.
(Anmerkung: Es handelte sich nicht um die KiKaKo, die erst 1913 ihren Betrieb aufgenommen hat, sondern um das Kohlenlager am Südkai, nahe der Wasserecke – KiKaKo_in_Brunsbüttelkoog).
Am Einschulungstage wurden nur unsere Namen nebst Geburtsdaten von unserem Lehrer, Herrn Vollmer, aufgeschrieben. Bei dieser Gelegenheit stellten sich die Eltern auch dem Lehrer vor. Gerade das letztere halte ich, wie ich immer wieder im späteren Leben festgestellt habe, für außerordentlich wichtig, zumal hierdurch das Interesse der Elternschaft für „ihre“ Schule geweckt und eine gute Verbindung zur Lehrerschaft geschaffen wird.
Die Mädels und Jungen wurden nun in der damaligen Zeit auf der Südseite nicht etwa jahrgangsmäßig in einer Klasse zusammengefaßt – die Unterrichtung erfolgte vielmehr in einem Raum mit mehreren Klassen zusammen. Welch´ eine große Aufgabe für den Lehrer! Darüber habe ich erst im späteren Leben nachgedacht, wie ich z.B. über Thomas von Aquino (1225 – 1275) gelesen habe, daß er gleichzeitig 3 Schülern in verschiedenen Sprachen über verschiedenen Themen diktiert habe.
Seinerzeit unterrichteten an unser Schule nur 2 Lehrer und zwar der Hauptlehrer von Rhein und der Leher Vollmer. Beide Lehrkräfte teilten sich die seinerzeit bestehenden 8 Schulklassen vom ersten Jahrgang bis zum Schulabgang, der damals fast immer mit der Konfirmation zusammenfiel. Sie genossen im Orte großes Ansehen und waren gute Pädagogen, geschult auf einer Präparanden-Anstalt und einem Lehrerseminar. Sie waren streng, aber gerecht und wußten sich immer Autorität zu verschaffen. Disziplin mußte auch herrschen bei 4 verschiedenen Jahrgängen von Mädels und Jungen.
Herr von Rhein stammte aus Barlt bei Meldorf, woselbst er, - ich darf das vielleicht hier erwähnen, - mit Gustav Frenssen die Schule besucht hatte. Letzterer, als Pastor eine etwas umstrittene Persönlichkeit, brachte es zu Weltruhm mit seinem Buche „Jörn Uhl“, welches die ältere Generation wohl noch in Erinnerung haben wird.
2 Jahre später kam als weiterer Lehrer Herr Dechow und später als 4. Lehrer Herr Mirau an die Schule. Beide Lehrer habe ich im Unterricht nicht gehabt.
Das erste, was wir als Schulanfänger lernten – ohne lesen oder schreiben zu können – waren biblische Geschichten und Gebete. Letztere wurde zunächst von den älteren Schülerinnen bzw. Schülern bei Schulbeginn bzw. bei Schulschluß unter Erheben von den Plätzen aufgesagt. Bis zu den großen Ferien hatten wir Sechsjährigen diese Gebete auch gelernt und mir sind sie immer in Erinnerung geblieben. Vielleicht darf ich einiges anführen, welches nachmittags um 4 Uhr, wenn wir aus der Schule gingen, gebetet wurde:
„Wir geh´n jetzt aus der Schule fort,
Bleib bei uns, Herr, mit Deinem Wort,
Mit Deiner Gnad´ und Segen
Auf allen unseren Wegen. Amen.“
Wir mußten damals überhaupt sehr viele Sprüche und Gedichte – im Gegensatz leider zur heutigen Zeit – auswendig lernen. Man lernt hierbei Redewendungen, die richtige Ausdrucksweise in der Unterhaltung und in der Debatte und nicht zuletzt die Schönheit der Muttersprache kennen. Insbesondere wird hierdurch das Gedächtnis geschärft.
Ein Gedicht, welches wir im zweiten oder dritten Schuljahr bei Herrn Vollmer lernten, lautete:
„Vor allem eins, mein Kind sei treu und wahr.
Laß´ nie die Lüge Deinen Mund entweih´n.
Von altersher im deutschen Volke war
der höchste Ruhm,getreu und wahr zu sein.“
Durch dieses Gedicht wurden die Kinder zur Wahrhaftigkeit und Treue aufgefordert. Und Herr Vollmer, als guter Pädagoge, wußte diese Tugenden noch besonders an die Kinder heranzutragen. Das schönste und gleichzeitig auch wohl das ergreifendste Gedicht, was wir damals lernen mußten, war das Gedicht „Die Mutter“ von Friedrich Wilhelm Kaulisch (1827 - 1881).
(Hier ein link für den Interessierten: https://www.aphorismen.de/gedicht/87832)
Mir ist noch erinnerlich, wie stolz meine beiden Mitschüler und ich waren, daß wir dieses Gedicht anläßlich einer Schulvisitation dem Schulinspektor – nach meiner Erinnerung war es Pastor Suhr aus Eddelak – in Anwesenheit der versammelten Elternschaft vortragen durften. Einmal im Jahr – es war 4 – 6 Wochen vor Ostern – war die Elternschaft eingeladen, in die Schule zu kommen, um sich auch ihrerseits von den Fortschritten der Kinder zu überzeugen.
Vogelschießen
Höhepunkt in jedem Schuljahr war für uns Kinder das einige Wochen vor den Sommerferien stattfindende „Kindervergnügen“, auch „Vogelschießen“ genannt. Es fanden Wettspiele turnerischer Art und Geschicklichkeitsspiele statt. Für die älteren Schüler war es das erstrebenswerte Ziel, auf einem solchen Kinderfest „König“ bzw. „Königin“ zu werden.
Die Spiele fanden in meiner Schulzeit auf einem Teil der großen Wiese des damaligen Schoof´schen Hofes statt. Mit Ausnahme des alten strohgedeckten Bauernhauses und eines dahinter am Fleet liegenden kleinen Wohnhauses, in welchem seinerzeit die Familie Birnbaum wohnte, war das Areal unbebaut. Der eine Sohn dieser Familie, der vielleicht 6-8 Jahre älter war als ich, hat mir als Kind immer mächtig imponiert, wenn er auf einem vorsintflulichen „Veloziped“, welches bekanntlich ein mannsgroßes Vorderrad hatte, durch die Straßen radelte. Noch heute habe ich nicht begriffen, wie man da eigentlich hinaufkam.
Nach Beendigung der Spiele am Vormittag ging es zum Mittagessen nach Hause. Gegen 14 Uhr erfolgte dann mit Musik ein Umzug durch den Ort, wobei der „König“ und die „Köngin“ aus ihren elterlichen Wohnungen abgeholt wurden. An den Straßen standen fröhlich-winkende Menschen und aus den Fenstern jubelten die Einwohner dem Kinder-Umzug zu. Der Umzug endete beim Gasthaus „Saturn“, woselbst nachmittags mit den Eltern das „Kindervergnügen“ seinen Abschluß fand.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch der guten alten „Mutter Lau“ gedenken, die auf jedem Kindervergnügen anwesend war und aus ihrem schon uralten, rethgeflochtenen und mit dunkelbrauner Farbe übertünchten Kinderwagen ihre Backwaren anbot, die sie in mehreren Platten übereinandergestapelt hatte. Mir schmeckten am besten ihre „Plummenkoken“ (oben und unten Hefeteig, dazwischen Pflaumenmus). Diese alte Frau war bei Wind und Wetter im Ort unterwegs, um sich recht und schlecht durchzuschlagen. Viele ältere Einwohner werden sich sicher noch entsinnen, wenn sie mit dem besagten Kinderwagen, „Koorab“ rufend, durch die Straßen zog. Von meiner Mutter hinausgeschickt, um Krabben zu kaufen, fragte ich sie – wir Kinder sprachen damals alle noch plattdeutsch – „Fru Lau, wat gellt de Krabben?“. Sie erwiderte: “Een för fief un veer för fofftein, mien Söhn.“ Im Wagen, auf den Krabben, lag nämlich ein alter Suppenteller mittlerer Größe und das war ihr Maß, nach dem sie verkaufte, d.h. einen Teller Krabben für 5 Pfennige und 4 Teller für 15 Pfennige.
Botanisieren
In den Sommermonaten – es war stets der Nachmittag eines Schultages – ging Herr Vollmer oftmals mit uns „botanisieren“ und betrieb gleichzeitig hierbei praktische Heimatkunde, wodurch bei uns Kindern die Liebe zum Ort und zur Landschaft (Wasser, Deich usw.) geweckt und gefördert wurde. Ich kann mich dieser 2 bis 2 ½ Stunden dauernden Ausflüge noch sehr gut entsinnen; sie führten meistens an die Elbe. Wir mußten wie immer um 14 Uhr in der Schule bzw. auf dem Schulhof sein und dann ging es auch sogleich los.
Beim Verlassen des Schulgebäudes hielten wir uns ca. 100m links und bogen bei „Liebenthal“ um die Ecke in die Frischstraße ein. Liebenthal war in der damaligen Zeit ein bekanntes Manufakturwarengeschäft, dessen Inhaber ein jovialer und zuvorkommender Geschäftsmann und gleichzeitig ein sehr gebildeter Mann war.
Wir gingen dann die Frischstraße hinauf und kamen links an der Villa des Direktors der Cementfabrik „Saturn“ vorbei. Um die Jahrhundertwende waren nacheinander Direktoren dieser Fabrik die Herren Axer und Hoffmann.
Weiter die Straße entlang war an der nächsten Ecke die Bäckerei von Klei, gegenüber dem Gasthaus „Saturn“. Herr Klei war ein leutseliger und immer vergnügter Mann. Ich sehe ihn noch im Geiste mit seiner großen, weißen Bäckerschürze vor der Eingangstür seines Ladens stehen. Einige von uns Mädels und Jungs, die vielleicht von ihren Eltern 5 Pfennige (jawohl: fünf Pfennige; das Geld hatte übrigens derzeit nicht nur für uns Kinder einen großen Wert) für den kleinen, monatlichen Ausflug erhalten hatten, baten dann Herrn Vollmer, ob sie schnell mal in den Laden gehen dürften, um sich eine „Schnecke“ mit recht viel Zuckerguß zu kaufen. Diese waren zu damaliger Zeit so groß, daß man stets einem Mitschüler noch die Hälfte abgeben konnte – und auch tat.
Weiter geradeaus gehend (rechts das „Große Haus“, wie es damals in Brunsbüttelkoog hieß, liegen lassend) kamen wir dann auf eine nicht ausgebaute Straße, von der wir nach einigen hundert Metern, rechts an den Deich bzw. die Elbe abbogen.
Herr Vollmer erklärte uns hier Ebbe und Flut. Wenn wir uns auch als 6-9jährige Kinder wenig unter den Gezeiten vorstellen konnten, d.h. noch keine Ahnung von der periodischen Bewegung des Meeres, der festen Erde und der Atmosphäre hatten, so wußten wir doch, daß man alle 12 Stunden bei Hochwasser in der Elbe baden konnte.
Herr Vollmer machte uns weiter mit der Bedeutung der „Stacks“ bekannt. Er erklärte uns die hauptsächlichsten Schiffstypen, die wir außer den Dampfern auf der Elbe sahen: Ewer, Brigg (diese Bauart gab es damals noch), Bark, Vollschiff. Er setzte sich mit uns Kindern an die Böschung, wobei er uns die verschiedenen Gesteinsarten, die für die Uferbefestigung verwendet waren, erklärte. „Kinder, merkt euch“, sagte Herr Vollmer u.a.:
“Feldspat, Quarz und Glimmer, die drei vergeß´ ich nimmer!“
Gegen 4 Uhr ging es dann zur Schule zurück und wir hatten einen sehr schönen und auch lehrreichen Nachmittag mit unserem Lehrer verbracht.
Lobgesang auf Herrn Vollmer
Herr Vollmer kam später als Lehrer nach Kiel. Wie groß war meine Freude, ihn dort im Jahre 1919, kurz vor meinem Referendar-Examen, wiederzusehen. Wir trafen uns häufig zu einem kleinen Spaziergang. Ich durfte ihm sagen, wie ich seine früheren Lehrmethoden bewundert habe, seine Gewissenhaftigkeit und peinliche Sorgfalt auch in kleinsten Dingen.
Lieber Herr Vollmer! Wenn Sie auch nicht mehr unter den Lebenden weilen, so leben Sie doch bei denen fort, die Sie gekannt haben und ich möchte glauben, daß es nicht viele Schülerinnen und Schüler geben wird, die aus ihrem Unterricht nichts Bleibendes für das Leben mitgenommen haben.
Ich danke Ihnen für alles, was ich bei Ihnen als Kind lernen durfte. Ich werde Sie nie vergessen!
Peter Schade
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