Reise von Kuxhaven nach Brunsbüttel-1892

Aus brunsbuettel-wiki.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Header-Reise-Cux.jpg

Jeder Leser, der Fotos, Bilder oder Informationen zu dem Thema beitragen kann, sei hiermit herzlich gebeten, mir diese zum Kopieren zukommen zu lassen.
Uwe Möller, Tel. 04852 2189, mail: Gabuwe@t-online.de

Dieser Beitrag aus der Kanal-Zeitung 1892 handelt von einer Schiffsreise von Cuxhaven nach Brunsbüttel zu Zeiten des Kanalbaus 1892, erzählt von einem Zeitzeugen mit dem Kürzel K.T.

Kuxhaven, 12.August 1892

Schiff Brunsbüttel-2.jpg
Dampfer Brunsbüttel-ca.1900.jpg
Plan von ca. 1900
1892.08.13-Schiff Brunsbüttel.jpg
Rammarbeiten an der Ostmole (Mole 1 Brunsbüttel) ca. 1892
Schnelldampfer „Fürst Bismarck“
Peters-Mühle Brunsbüttelhafen 1904

Das war Donnerstag eine herrliche Fahrt nach Brunsbüttel, welche einige Hiesige und Badegäste mit dem Dampfer „Brunsbüttel“ , Capt. Schlüter, unternahmen! Wahrscheinlich wegen der Manöver waren leider nur wenige dem Rufe zu einer Tour nach dem Nord-Ostsee-Kanal gefolgt, doch hatte dies für die Teilnehmer das Angenehme, daß sie sich bequem auf dem freundlichen und komfortabel eingerichteten Dampfer bewegen konnten. Die Sonne schien warm herab als die „Brunsbüttel“ um 2.30 Uhr seine Taue loswarf und unseren Hafen verließ; die „Alte Liebe“ war von Fremdem besetzt, die dem ausfahrenden Dampfer Abschiedsgrüße zuwinkten, - dann eine Wendung und elbaufwärts ging es mit „full steam“.
Bald war der Caisson passiert, die Baumrönne, das Osterhörner Stack bei Groden, die Altenbrucher Kirche mit ihren beiden Türmen, das Otterndorfer Leuchtfeuer, das Oste-Riff-Leuchtschiff bei Neuhaus verschwanden hinter uns und hindurch zwischen ankernden Segelschiffen, vorbei an Seedampfern, eilten wir der zukünftigen Mündung des Nord-Ostsee-Kanals zu.

Kurz vor Brunsbüttel näherte sich das Schiff dem jenseitigen Elbufer, der Kirchturm des kleinen Ortes tauchte aus grünen Baumgruppen empor, am Elbdeich wird die Leuchtbaake sichtbar, dann die Mühle von Brunsbüttelhafen und mit einer ziemlich bedeutenden Schwenkung lenkte das Schiff in den Hafen ein, in welchem bereits der von Hamburg elbabwärts gekommene Dampfer „Köhlbrand“ lag, der vorher in Kuxhaven eingelaufen und nach einer halben Stunde Aufenthalt von hier nach Brunsbüttel wieder fortgedampft war.

(Anmerkung des Verfassers: Die oben erwähnte Leuchtbaake ist der Vorgänger von Weißer Leuchtturm Soesmenhusen, dieser wurde erst 1895 gebaut.
Die Mühle von Ferdinand Peters in Brunsbüttelhafen stand dort, wo heute die Straße „Zur Mole“ den Deich schneidet.)
Wir stiegen aus und wurden von einem ortsbekannten Führer nach der etwa 20 Minuten elbaufwärts liegenden Kanalmündung geführt; der Weg ging über den Elbdeich, der hier in einem rechten Winkel vorspringt und von dem aus wir das Land vorzüglich überblicken konnten, das der Fluß geschaffen hatte und das durch Menschenfleiß und unendliche Mühen zu einem reichen Kulturboden umgewandelt war.

Diese Strecke Landes, welche später eingedeicht und dadurch zu Ackerland umgeschaffen wurde, nennt man Koog, eine Bezeichnung, die auch in dem Namen Kuxhaven wiederkehrt, denn dieser ist bekanntlich nichts weiter als Koogshafen, also der Hafen des neueingedeichten Landes. Und wie hier bei uns, ein Teil dieses Gebietes, das Neufeld für den Seehafen verwendet und so dem Meere wieder preisgegeben wird, so ist man dort eifrig beschäftigt, das dem Flusse mit so viel Mühe abgerungene Land aufs Neue den Fluten zu öffnen; aber der Wasserstrom soll eingeengt werden durch gewaltige Quaimauern und Schleusen. Freilich hat man noch genug zu kämpfen, bis dies erreicht werden kann, der ehemalige Fußboden ist noch durchsetzt von unendlich vielen kleinen und großen Quellen, welche die Bauten dort so unendlich schwierig machen. Schon an dem Bau der Eingangs-Quaimauern, welche augenblicklich fundamentiert werden, kann man das sehen:
die östliche derselben ist bereits so weit in ihrer Fundamentierung vorgeschritten, daß man die Pfahlroste mit ihren gewaltigen Balken , auf denen die Mauer gewissermaßen schwimmend erhalten werden soll, deutlich erblicken kann, während auf dem Boden der zukünftigen westlichen Quaimauer gewissermaßen Beete abgesteckt sind, welche schon erkennen lassen, wo die Pfähle eingerammt und die Balken gelegt werden sollen.

Bis die Mauern sich zu ihrer vollen, durch gewaltige, auf Schienen laufende Gerüste, erkennbaren Höhe erheben werden, wird allerding noch ziemlich viel Wasser an der Kanalmündung vorbeifließen, aber wie ein riesiges Bienenheer arbeitet ein ungeheure Menge von Menschen aller Nationen an diesen gewaltigen Baugruben.
Überall lagern Massen von selbstgebrannten Mauersteinen, Klinkern, Cement, Sand, Kies, Steinbrocken und sonstigen Baumaterialien, die mit einer Drahtseilbahn aus Schiffen herausgeschafft werden. Interessanter noch als diese Baustellen sind diejenigen der Schleuse, deren beide Kammern bestimmt sind, zur Zeit je eines der größten Kriegsschiffe ein- und eines auszuschleusen. Auf diesem Bau ruht vorläufig, wie wir erfuhren, die Hauptaufmerksamkeit der Bauführer. Aus dem Grunde sind die beiden Schleusenkammern längst heraus, aber es macht ungeheure Mühe, das immer wieder empordringende Quellwasser abzuleiten und aufzufangen. Hier hört man gewaltige Pumpwerke arbeiten, die das Quellwasser dem Boden entziehen wollen, dort sind runde, senkrechte Kanäle errichtet, welche das Quellwasser auffangen und nach oben leiten sollen. An anderen Stellen scheint diese Gefahr bereits überwunden zu sein:
dort ist der Boden der Schleuse bereits cementiert und alles arbeitet im Trocknen.
Indeß wir diese Beobachtungen anstellen, tönt aber von oben herab ein Schnauben, Rasseln und Krachen an unser Ohr und wie wir uns umwenden, entdecken wir, daß sich dort am Abhange nach dem Elbdeich zu eine Reihe großer, tonnenartiger Röhren dreht, aus deren geöffnetem Schlunde sich eine Art Lavastrom Betonmassen ergießen und von den unterhalb stehenden Lowrieszügen aufgefangen werden:
es ist dies die Betonmischmaschine, welche durch eine auf dem Elbdeich befindliche Dampfmaschine getrieben wird.

Beim Abschreiten der Schleusenkammern entdecken wir, daß sich von denselben aus in einen parallel laufenden Kanal Abzugsöffnungen für einen zu starken Wasserandrang erstrecken; diese, welche augenblicklich offen vor uns daliegen, werden in wenigen Wochen verschlossen sein und über ihnen werden sich die Quaimauern wölben. Hinter diesem Bau, bei dessen Betrachtung man unwillkürlich, man mag wollen oder nicht, Achtung vor dem Menschengeist und seinen gewaltigen Anstrengungen zur Bezwingung widerstrebender Naturkräfte bekommt, dehnt sich nun der breite Binnenhafen aus, an dessen Quaimauern, welche ebenfalls auf Pfahlbauten ruhen, die auszuschleusenden Schiffe auf ihre Abfertigung warten können. Dieser Hafen erstreckt sich bis in die Nähe der zu errichtenden Bahnstation, an deren Stationsgebäude bereits eifrig gearbeitet wird; auch Schienen, welche am ganzen Kanal entlang führen, liegen hier bereits.
Hinter diesem Bassin, in dessen Grunde augenblicklich ein Trockenbagger arbeitet, ist der Nord-Ostsee-Kanal schon vollständig fertig. Derselbe ist hier ganz ausgebaggert und an beiden Seiten mit einer schräg abfallenden Steindossierung versehen. Hier herrscht gegenüber dem regen Leben am Schleusenbau öde Stille; nur um die Zeit, wenn der Schichtwechsel eintritt, entwickelt sich hier ein lebhafteres Treiben:
da eilen die müden Gesellen hinein nach den Wohn- und Verpflegungsbaracken, indeß ihre Genossen mit frischen Kräften sie ablösen, um beim Schein des elektrischen Lichtes nächtlicher Weise die Arbeit fortzusetzen.

Die Direktionsgebäude in ihrem schmucken Stil und die Arbeiterbaracken, diese großen, mit Theer angestrichenen Hallen bilden ein kleines Gemeinwesen für sich, das weder mit Brunsbüttel noch mit Brunsbüttelhafen etwas gemein hat. Hier befindet sich ein protestantischer Betsaal, eine aus Holz erbaute, katholische Kirche, ein „Hotel zur Kanalmündung“, Bekleidungsmagazine und Kolonialwarenhandlungen.
Wie lange wird es dauern, dann baut sich hier ein kleines Städtchen an, nicht mehr aus Holzbaracken bestehend, sondern aus massiven Steinhäusern und ordentlichen Andachtsstätten.

Was sehenswert war am Bau des Nord-Ostsee-Kanals hatten wir nun gesehen und müde, hungrig und durstig kehrten wir nach Brunsbüttelhafen zurück, um hier zu restaurieren. Dieses kleine Nestchen zählt, ebenso wie Brunsbüttel selbst, etwa 1000 Einwohner und ist freundlich an der Elbe gelegen. Die Gasthäuser sind hier nicht selten, denn die vielen Arbeiter verlangen des Sonntags-Nachmittags Tanzmusik und so klangen uns, als wir vor einiger Zeit an einem Sonntag dort waren, fröhliche Walzertakte aus den mannigfachen Lokalen entgegen.

Mittlerweile war die Zeit zur Abfahrt herangerückt; die „Köhlbrand“ hatte eben seine Fahrt nach Hamburg angetreten und gleich darauf dampften auch wir aus dem kleinen Hafen heraus. Die Sonne war eben im Untergehen begriffen und spiegelte sich goldig in den Fluten der Elbe. Von der Ebbe befördert, eilte die „Brunsbüttel“ schnell Kuxhaven zu; bald aber sahen wir einen großen Dampfer, der uns immer näher kam und uns auch schließlich einholte:
es war der Schnelldampfer „Fürst Bismarck“ , welcher zu seiner Freitag-Expedition nach Kuxhaven dampfte.
Und dicht hinterdrein kam der Transportdampfer „Blankenese“, mit dem die „Brunsbüttel“ bis auf die Höhe von Kuxhaven gleiche Fahrt hielt, während die „Fürst Bismarck“ weit voraus fuhr, bis sie vor Kuxhaven, sich auf der Stelle drehend, vor Anker ging.
Nach einer etwa einstündigen Fahrt legten wir in unserem Heimatorte an; gewiß wird die Erinnerung an die schöne Tour allen Teilnehmern noch lange im Gedächtnis bleiben. (K.T.)

Verwandte Themen