Saugbagger in Brunsbüttelkoog
Die Baggerei ist in Brunsbüttel seit Fertigstellung des Nord-Ostsee-Kanals und der Schleusen ein ungeheuer wichtiges und anfangs stark unterschätztes Problem.
Aus den folgenden Artikeln der Kanal-Zeitung von 1889 und 1895 ist ersichtlich, daß schon während des Kanalbaus Bagger auf den Werften in Auftrag gegeben wurden. Diese ersten Dampfbagger waren Eimerbagger und hatten den Nachteil, daß zur Aufnahme des anfallenden Baggergutes immer mindestens ein Dampfbaggerprahm neben dem Bagger liegen mußte. Dies beeinträchtigte natürlich den Kanalverkehr erheblich, da der Kanal im Anfangsstadium eine Sohlenbreite von nur 22m gegenüber der heutigen von 90m hatte.
Die zwei von der Kanalkommission vorgehaltenen Dampf-Eimerbagger hatten den Namen ihres jeweiligen Einsatzortes, „Brunsbüttel“ und „Holtenau“. Beide Bagger mußten oftmals wegen hohen Schlickanfalls im Brunsbüttelkooger Bereich ihren Dienst versehen, so daß sich im Ostbereich ein Engpaß auftat.
Saugbagger „Nikolaus“
Aus: Zentralblatt der Bauverwaltung 1906 Text: Nikolaus Scholer, Kaiserlicher Regierungsrat und Mitglied des Kaiserlichen Kanalamtes
Im Oktober 1901 ist von dem Kaiserlichen Kanalamt in Kiel der nach der Bauart Frühling erbaute Bagger „Nikolaus" (wahrscheinlich benannt nach Nikolaus Scholer -siehe auch Straßennamen im Beamtenviertel Brunsbüttel), der erste seiner Art, in Betrieb genommen worden, um die starken Aufschlickungen im Vor- und Binnenhafen bei Brunsbüttel, an der Einmündungsstelle des Kaiser-Wilhelm-Kanals in die Elbe, zu beseitigen. Die dem Bagger gestellte Aufgabe war von erheblichem Umfange und von besonderer Wichtigkeit, weil die Aufschlickungen dort sich ständig erneuern und bei anhaltenden Nord-Westwinden oder bei längeren Frostperioden einen solchen Umfang annahmen, daß sie die Offenhaltung des Kanalbetriebes für große, tiefgehende Schiffe zeitweilig ernstlich gefährdeten.
Vor der Einstellung dieses Baggers wurden zur Beseitigung der Aufschlickungen ein Eimerbagger und drei Dampfprahme verwendet. Diese Geräte waren jedoch nicht imstande, die entstehenden Aufschlickungen immer rechtzeitig und vollständig zu beseitigen, da der Bagger auf der Barre vor den Molen, wo die Aufschlickung hauptsächlich erfolgt, wegen des starken Flut- und Ebbestromes nur wenige Stunden in jeder Tide arbeiten konnte und bei stürmischer Witterung oft tagelang stilliegen mußte. Außerdem bildeten diese Geräte für den Schiffahrtsverkehr ein empfindliches Hindernis, indem namentlich der Bagger mit seinen Verankerungen und bei der Schwerfälligkeit seiner Bewegungen die Einfahrtsstrecke unzulässig beengte und eine ständige Kollisionsgefahr für die verkehrenden und namentlich für die von der Elbe in den Kanal einlaufenden Schiffe bildete.
Die hierdurch hervorgerufenen Zustände waren auf die Dauer unhaltbar und erforderten unbedingt Abhilfe, die nur durch Einstellung eines großen Saugbaggers geschaffen werden konnte. Es wurde beschlossen, den Bau dieses Baggers nach der kurz zuvor erprobten Bauart Frühling auszuführen, da ein solcher zufolge seiner besonderen Bauart und der dadurch erreichten großen Leistungsfähigkeit für die vorliegenden Verhältnisse besonders geeignet erschien.
Nach diesen Anforderungen ist dann seinerzeit der Bagger „Nikolaus“ von dem Baurat Frühling in Braunschweig entworfen und geliefert worden. Die Laderäume des Baggers fassen 400 cbm und werden unter Berücksichtigung der Auflockerung, wenn vollständig gefüllt, mit 350 cbm in Ansatz gebracht.
Bei einer Ausgabe in den vier Jahren von insgesamt 198 000 Mark sind geleistet =
3 601 904 cbm. In dem letzten halben Betriebsjahre ist eine durchschnittliche Jahresleistung von mehr als 1 Mill. cbm erreicht worden.
Die Betriebsergebnisse haben demnach die in den Bagger gesetzten Erwartungen vollauf bestätigt. Die Frühlingsche Bauart muß somit als ein bedeutsamer Fortschritt in der Technik des Baggerwesens betrachtet werden.
Saugbagger „Brunsbüttel“
Doch auch der Einsatz des Saugbaggers „Nikolaus“ in Verbindung mit dem Eimerbagger „Brunsbüttel“ reichte nicht aus, um die Verschlickung in den Griff zu bekommen.
So wurde im Jahre 1907 ein weiterer Saugbagger für den alten Eimerbagger in Betrieb genommen. Dieser trug ebenfalls den Namen „Brunsbüttel“.
Gebaut wurde er auf der Schichau-Werft in Elbing. Er hatte ein Fassungsvermögen von 600 m³ und eine Leistung von 3 x 350 PS. Er wurde im Laufe der Jahre wiederholt umgebaut.
Hebung des gesunkenen Lotsenbootes "Pilot" 1930 (Lotsendampfer Pilot)
Saugbagger „Cyclop“
Mit dem Bau der Neuen Schleuse Brunsbüttel wurde auch der Schlickanfall in Kanal und Schleusen erheblich größer. Ein neuer Saugbagger des gleichen Prinzips wurde bei der LMG (Lübecker Maschinenbau Gesellschaft) in Auftrag gegeben. Er faßt 1000 Kubikmeter Schlamm, also etwa so viel, wie „Nikolaus“ und „Brunsbüttel“ zusammen. In dem Artikel der Kanal-Zeitung 1913 wird allerdings auch schon der nächste, noch größere Bagger angekündigt.
Bagger „Cyclop“ Kanal-Zeitung 1913
Cyclop und Titan
Saugbagger „Titan“
Der nächste Bagger hatte den Namen „Titan“ (wie auch „Cyclop“ ein Name aus der griechischen Mythologie) und nahm seine Tätigkeit im Jahre 1914 auf. Er hat ein noch größeres Fassungsvermögen als „Cyclop“.
Abmessungen:
- Länge = 62m
- Breite = 11,85m
- Seitenhöhe = 5,90m
Wie sein Vorgänger "Cyclop" wurde "Titan" von der LMG (Lübecker Maschinenbau Gesellschaft) 1913 gebaut.
Saugbagger “Titan“ Kanal-Zeitung 1914
Bagger „Titan“ (Foto von Wilhelm Döring
„Titans“ letzte Fahrt
Am 14. Juni 1974 – also nach ziemlich genau 60 Jahren – trat der „Titan“ seine letzte Fahrt an. Gäste und Besatzung nahmen Abschied vom Oldtimer.
Aus den letzten Eintragungen des Tagebuches geht hervor, daß der „Titan“ von der Fa. Schramm nach Hamburg zum Abwracken überführt wurde.
Zum Abwracken nach Hamburg
Fotos von Ewald Rittscher, ehemaliges crew-Mitglied auf einem Bugsierschlepper
Saugbagger „Hafenbaudirektor Dr.hc Krüger“
In den Jahren 1940/41 wurde bei der Lübecker Maschinenbaugesellschaft (LMG) für eine Summe von 4,8 Millionen RM ein Saugbagger mit dieselelektrischem Antrieb gebaut. Er wurde im Februar 1942 zunächst beim KMW-Wilhelmshaven in Dienst gestellt. Er wurde auf den Namen „Hafenbaudirektor Dr.h.c. Krüger“ getauft und ersetzte etwas später den „Cyclop“.
Daten des Schiffs
- Länge ü.a. = 103,28m
- Breite ü.a. = 15,96m
- Tiefgang leer = 3,16m / abgeladen = 6,02m
- Installierte Maschinenleistung = 2870 kW (3900 PS)
- Volumen = 2886,36 m³
- Laderaum (Hopperraum) = 2080m³ (ab 1982=2500m³/ab 02.1984=2753m³/ab 11.99=3026m³)
- Geschwindigkeit = 12sm/h
- Baggerpumpe 18.000 m³/h Wasser - 12.000 m³/h Schlick
- Baggertiefe 14m (mit Zusatzrohr 21m)
Der Bagger fuhr seit 1949 für Brunsbüttelkoog mit einer Besatzung von 20 Mann. (Quelle: DIN A4-Blatt des WSA-Brunsbüttel - 60 Jahre „Wilhelm Krüger“ 1942-2002)
Saugbagger “Wilhelm Krüger”
In der ersten Hälfte der 70er Jahre wurden beim Bagger der Name „Hafenbaudirektor Dr.h.c. Krüger“ in „Wilhelm Krüger“ und der Heimathafen Brunsbüttelkoog in Brunsbüttel umbenannt.
Im Binnenhafen, Hintergrund Die Kali-Chemie in Brunsbüttel
Details „Wilhelm Krüger“
Abschiedsfahrt des Saugbaggers “Wilhelm Krüger”
Am 31.03.1982 trat der Bagger seine letzte Fahrt unter WSA-Flagge an. Das Schiff und die Baggerei wurde von der Fa. Josef Möbius Bau-Aktiengesellschaft Hamburg übernommen. Er wurde umgebaut und nur noch mit einem Personalstand von 7 Mann betrieben. 1999 wurde der Bagger in der Werft HDW Nobiskrug verlängert (s.Foto weiter oben).
Brunsbütteler Zeitung vom 01.04.1982 (Quelle:Stadtarchiv Brunsbüttel)
BZ vom 03.04.1982 (Quelle:Stadtarchiv Brunsbüttel)
Bilder von Holger Koppelmann
Saugbagger „Wilhelm Krüger“ verläßt Brunsbüttel
Der nunmehr ca. 72 Jahre alte Bagger „Wilhelm Krüger“ verläßt den Bereich Brunsbüttel. Ab 1. Juni 2014 liegt die Baggerei in den Händen der niederländische Firma „De Boer“. Die Fa. „Möbius“, die vor kurzem in „Strabag“ umfirmiert wurde, hat die Ausschreibung an sie verloren.
Nachdem der Hopperbagger „Wilhelm Krüger“ mehrfach modernisiert wurde, hat er pro Jahr ca. 6,5 Mio t Schlick und Sand aus seinem Einsatzbereich von der Hochbrücke bis zu den Molen herausgebaggert.
Brunsbüttel wird sich nun in Sachen Baggerei an den Namen „Albatros“ gewöhnen müssen.
Fotos der letzten Reise
von Margret Janke
Albatros
Seit dem 1. Juni 2014 baggert die "Albatros" der niederländischen Fa. De Boer im Brunsbütteler Bereich den anfallenden Schlick. Er hat zwar nur die Hälfte des Fassungsvermögens des Krüger, soll laut Angaben des WSA aber festeres Baggergut bearbeiten können.