Wattolümpiade

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50 Jahre Wattolümpiade.

50 Jahre

Quelle: Artikel von Brian Thode am 21.Januar 2022 in der Brunsbütteler Zeitung / Boyens Medien

Alles begann mit einer Demonstration. Im Jahr 1972 wollte der Norderdithmarscher Künstler Hein Hoop den Bau des Eiderdamms aus Naturschutzgründen verhindern. „Hein Hoop war ein Happening-Künstler“, erinnert sich Jens Rusch, der damals dabei war. „Er wollte mit der Wattolümpiade auf das Thema aufmerksam machen.“ Das Konzept war damals schon das Gleiche wie in heutigen Zeiten: „Alles, was man an Land machen kann, kann man auch im Watt machen – es sieht nur bescheuert aus“, beschreibt es Rusch. Bekanntlich scheiterte der Protest, doch das Konzept überdauerte.

Die Idee blieb Rusch nämlich im Kopf. Gemeinsam mit seinem Freund Volker Falkenhag kam ihm 1975 die Idee, im Watt vor Soesmenhusen die Wattolümpiade wieder aufleben zu lassen. „Das wurde zu Beginn mit ähnlich wenig Aufwand betrieben, es wurden ein paar Kisten Bier mitgebracht und der Pokal war eine Bettpfanne“, sagt Rusch. Wettkampfkategorien waren damals etwa der Hochsprung oder das Sackhüpfen.

1977 wurde dann das Wattpsychologische Institut gegründet. „Wir wurden immer mehr Leute und auch die Veranstaltung wurde professioneller“, so Rusch. Mit der MS „Gönn mi datt“ hatte die Veranstaltung auch ihr eigenes Schiff. Für Jens Rusch folgte eine Studienzeit in Spanien, doch auch dort implementierte er das erprobte Konzept. In der Bucht von Altea wurden zahlreiche Badewannen mit Außenbordern ausgestattet und mit verschiedensten Kunststücken bemannt. „Es entstand ein richtiger Wettbewerb“, sagt Rusch. Dann folgte viele Jahre nichts.

2001 erkrankte Rusch an Krebs. „Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, besuchte viele Kliniken. Die Ärzte haben mein Leben gerettet.“ Rusch empfand Dankbarkeit und wollte etwas zurückgeben – da fiel ihm die Idee der Wattolümpiade wieder ein. „Die Wattolümpiade hat immer viele Leute an den Deich gebracht. Wenn man das nun ein wenig kommerzieller aufziehen könnte, kämen genügend Spenden zusammen“, so die Idee. Wichtig war ihm dabei von Anfang an, dass das Geld in der Region den Menschen zugute kommt – also sollten die Spenden an die Schleswig-Holsteinische Krebsgesellschaft gehen.

„Mir war aber klar, dass ich das alleine nicht schaffe.“ Also sprach er zunächst mit dem Stadtmarketing, das aber nicht von der Idee angetan war. Schließlich setzte er einen Aufruf in unsere Zeitung. „Ich hatte dabei vor allem an die Sportvereine gedacht“, sagt Rusch. „Doch zum Treffen im Sportcasino kam nur ein Vereinsmeier, der zunächst fragte, was denn für seinen Verein herausspränge“. Oliver Kumbartzky und Michael Behrendt, die ebenfalls zu diesem ersten Treffen kamen, verstanden derweil Ruschs Ansinnen – und erkannten das Potenzial dieser Veranstaltung. „Seitdem sind die beiden an meiner Seite. Alleine hätte ich nicht weitergemacht“, sagt Rusch. Es wurden klare Regeln für die Zusammenarbeit geschaffen, die Zahl der Helfer wurde immer größer.

So wurde 2004 die erste Wattolümpiade in ihrer heutigen Form auf die Beine gestellt. Klassische Wettkampfkategorien sind Wattfußball, -volleyball, -handball und der Aal-Staffellauf. Auch die Tour de Watt, Euterball und das Schlickschlittenrennen gehören dazu.

„Die Spenden wurden immer mehr. Schon im ersten Jahr konnten wir an die 10.000 Euro einnehmen, die wir gleich an die Krebsgesellschaft weitergeleitet haben.“ Bisher seien mehr als 500.000 Euro an Spenden gesammelt worden. Zusätzliche Bekanntheit erhielt die Wattolümpiade durch die Unterstützung von Wacken Open Air-Gründer Holger Hübner, mit dem die Veranstalter kooperieren.

Vor Ort wurde die Wirkung der Wattolümpiade sichtbar, so wurden mithilfe der Spenden die Palliativstationen am Westküstenklinikum in Heide und später Brunsbüttel eingerichtet. Auch Angehörigenzimmer konnten so geschaffen werden, und in Brunsbüttel wurde das Krebsberatungszentrum Westküste geschaffen. „Wir haben jährliche Krebsinformationstage eingeführt, bei den Fachreferenten nach Brunsbüttel kommen, zum Beispiel aus Israel“, sagt Rusch. Mittlerweile ist Rusch Ehrenmitglied im onkologischen Arbeitskreis des Westküstenklinikums.

Das Jubiläum soll in diesem Jahr am Sonnabend, 23. Juli, begangen werden. In den beiden Jahren zuvor fiel die 14. Auflage coronabedingt aus. Es gebe Gespräche mit Stadtgalerie-Leiter Jan Thorleiv Bunsen, dafür eine Ausstellung ins Watt zu holen, so Rusch. Zurzeit werde die Olümpiade von Wattkampfleiter Oliver Kumbartzky sowie Michael Behrendt und Dirk Passarge als Orga-Chefs geleitet – doch die Veranstaltung sei immer eine Gemeinschaftsleistung, betont Rusch.

Artikel in der Brunsbütteler Zeitung zum Jubiläum.
Artikel in der Brunsbütteler Zeitung zum Jubiläum.

Plakate

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"Das Beste am Norden. Trailer von Detlef Buck.

Album: Tatortreiniger im Watt

"Nur Schlick und Matsch und ein Kampf Mann gegen Mann". "So hat das Onkel Theo auch immer erzählt" "War der auch bei der Wattolümpiade ?" "Nein, bei Stalingrad".

Das "Babelsberg der Schlammfetischisten"

Nach Detlev Buck und Frank D. Müller hat nun ein dritter Regisseur das Wattkampfgelände als geeignete Kulisse für aussagekräftige Szenen entdeckt: kein Geringerer als Arne Feldhusen. Der fünffache Grimme Preisträger (Ladykracher, Stromberg, Tatortreiniger) schickte seinen Hauptdarsteller Bjarne Mädel auf das schmutzige Gelände. Sorgte Detlev Buck mit seiner kurzen Szene immerhin für den ersten Platz im NDR-Wettbewerb "Das Beste am Norden", so handelt es sich hier erstmals um eine komplexe Spielfilm-Passage. Das Gros der Aufnahmen war bereits bei der tatsächlichen Wattolümpiade im Sommer gedreht worden, Schottys wattletischer Körpereinsatz wurde im Herbst exemplarisch nachgeholt. Für den Tatortreiniger ein ungewohntes Terrain, auf dem eine blitzsaubere Hinterlassenschaft weit weniger gefragt ist, als es ihm sein Einsatz normalerweise abverlangt. Für die Wattleten des FC Wattikan und des "FC Dieter", so nennt sich Schottys Mannschaft, eine Heidenspaß und ein erster schmutziger Schritt auf dem Weg nach Hollywatt.

Album: Detlef Buck

Wattolümpiade

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Die Brunsbütteler Wattolümpiade ist derweil das größte Medienspektakel der schleswig-holsteinischen Westküste. Mit ihren Erlösen, die weit über 500 000 € betragen, wird das Krebsberatungszentrum Westküste finanziert, ein Angehörigenzimmer am WKK Brunsbüttel und viele andere Einrichtungen für Krebsbetroffene werden unterstützt. Außerdem werden damit die jährlichen Krebs-Informationstage finanziert und die Palliativ-Stationen der Westküstenkliniken und der Hospiz-Verein unterstützt.

Wattolümpiade 2004

Rainer Gansera:

Erfreulich reichhaltig und vielgestaltig war die Palette der Dokumentationen. Wenn es so ist, dass sich die Welt heute als krisengebeuteltes globales Dorf darstellt, in dem immer mehr Menschen zu verlorenen Außenseitern gestempelt werden und archaische Clans die Macht übernehmen, dann muss offenbar die Kunst den Part der Rettung vor den Höllen dieser Welt übernehmen. Jedenfalls waren es die Dokumentationen über Künstler und künstlerische Projekte, die das Gefühl erzeugen konnten, dass Dinge wie Glück, Gelingen und humane Festlichkeit möglich sind.

Das kongeniale Einschwingen in den Geist eines Projekts charakterisiert auch Frank D. Müllers Dokumentation „Meerkampf. Watt?”. Es geht da um ein surrealistisch versponnenes Festival-Projekt, das in der Nähe von Brunsbüttel veranstaltet wird und sich „Wattolümpiade” nennt.

Der Initiator, der an Krebs erkrankte Künstler Jens Rusch, hat sich Nietzsches Diktum, dass der Künstler der Zukunft zum „Feste-Erfinder” werden müsse, zu Herzen genommen: das karnevaleske Fest als Gegenmittel zur Krankheit, als Feier des Lebens.

Wattsport

Aaalstaffellauf, Wattfußball, Watthandball, Euterball, Wattskilanglauf, Schlickschlittenrennen, Tour de Watt, das sind nur einige der außergewöhnlichen Sportarten, die man auch vom Festland her kennt. Aber es gibt einen wichtigen Unterschieden: Im Watt sieht das alles richtig bescheuert aus. Kamerafutter hoch Drei für die Weltpresse und clevere Fotografen.

Wattolümpiade 2018 Panoramen

Panoramen der Wattolümpiade 2018 von Michael Hundrieser finden Sie auf der Seite Wattolümpiade 2018.

Weltpresse

Participantes de las “Olimpiadas del barro” juegan al fútbol. Celebradas en Brunsbuettel, Alemania, estas “olimpiadas”, donde se practica fútbol, balonmano y vóleibol en el barro, se trata de una obra benéfica para apoyar la lucha contra el cáncer.

Eine Doppelseite im Stern. Da muss man auch erst einmal hinkommen.

Die nachstehenden Fotos spiegeln nur einen winzige Bruchteil der weltweit erschienenen Nachrichten wieder. Dabei sind die Printmedien noch nicht einmal dabei. Wir könnten noch hunderte, tausende, wenn nicht sogar dutzende solcher Belege hier posten, aber das macht uns zuviel Arbeit. Außerdem können die chinesischen, tibetisch, kyrillischen Beiträge sowieso von kaum jemand gelesen werden. Wir haben wirklich in jedem Jahr die Weltpresse im kleinen Soesmenhusen am Deich. das müsst ihr uns einfach mal glauben.

Originally begun as a casual splash in the mud between friends back in the 70s, the Mud Olympics was revived and refocused 10 years ago by the local artist Jens Rusch. After a long battle with cancer Jens saw the potential of combining Brunsbüttel’s unique mud flats with a good cause. Since the first Mud Olympics in 2004 the Games have raised over half a million dollars for local cancer charities.


Wattstock

Die Ansprache unmittelbar vor dem Fury-Auftritt.

Foto: Robert Geipel

Unsere Auffassung von Benefiz

"Liebe Freunde der gepflegten Kammermusik und des schmutzigen Sports....

Es fällt mir ein wenig schwer, die Euphorie dieses wunderbaren Wattstock-Abends mit dem ernsten Thema, das ich jetzt ansprechen möchte - das ich ansprechen muss- ein klein wenig zu dämpfen. Ich verspreche, mich kurz zu fassen. Viele von Euch wissen sehr genau, wie brachial die Diagnose "Krebs" einen Menschen trifft. Viele von Euch kennen das sogar verdammt genau. Ich habe mehr als zwei Dutzend unter Euch gesehen, von denen ich weiss, dass sie selbst betroffen sind. Statistisch gesehen haben aber vermutlich viel mehr zumindest im Freundes- oder Bekanntenkreis bereits jemanden leiden oder sterben sehen.

Ihr wisst also, weshalb ich Euch diese kleine Ansprache halte.

Hinter all dem gloriosen Spaß, den wir morgen im Elbschlick bei der Wattolümpiade erleben werden und hinter all der wunderbaren Musik, die wir heute beim Wattstock-Konzert hören, steht unser Anliegen, möglichst viel Eintritt für die Krebsgesellschaft Schleswig-Holstein zu sammeln.

Ihr wisst, dass auch ich Krebs habe und das Glück, diesen bereits sieben Jahre überlebt zu haben. Nun gehöre ich nicht zu den Menschen, die sagen würden "Ich hatte Krebs", den ich bin der Überzeugung, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Tumor sich einen neuen Weg sucht, bis man erneut vom Krebs befallen wird, bis man stirbt. Deshalb sage ich immer "Ich habe Krebs" und ich weiss, dass es nur eine Frage der Zeit ist..

Aber genau das ist für mich der Punkt: Es kommt darauf an, wie man diese Zeit nutzt. Und ich habe das gute Gefühl, dass ich meine geschenkte Zeit sehr sinnvoll genutzt habe, weil ich Freunde und Mitstreiter gesucht und gefunden habe, die dieses Benefiz-Event auf die Beine gestellt haben.

Wenn Ihr Euch umschaut, seht Ihr die Banner unserer Sponsoren, die dieses Benefiz-Event ermöglichen, viele von ihnen seit fünf Jahren. Und ich versichere Euch, unter ihnen ist keiner, dem ist ausschließlich darum geht,hier Werbung für sich oder sein Produkt zu machen. Alle Sponsoren haben vielmehr begriffen, dass das, was wir hier machen, äusserst sinnvoll ist.

Wir werden voraussichtlich an diesem Wochenende die einhunderttausend Euro-Grenze knacken - und danach werden wir sehen, wieviel uns dass Finanzamt davon noch spenden lässt. Bislang haben wir zwei onkologische Beratungsstellen in den Westküstenkliniken mit den Erlösen eingerichtet und finanzieren diese auch voll, außerdem unterstützen wir den Ausbau der Palliativmedizin in Dithmarschen, weil wir der Meinung sind, dass der, der keine Chance mehr hat, wenigstens schmerzfrei sterben soll. Und seit zwei Wochen ist unser Forum für Patientenkompetenz in Dithmarschen online, weil wir der Meinung sind, dass Krebsbetroffene anders denken und anders fragen, als Mediziner oder Forscher, denn schließlich geht es ihnen um ihr Leben. Nicht mehr und nicht weniger. (Das Forum mußte inzwischen leider wieder geschlossen werden. Anm. d.R.)

Wir werden auch weiterhin in dieser Region Strukturen aufbauen, die aus der Sicht der Betroffenen einen hilfreichen Sinn ergeben.

Und jetzt werden wir gemeinsam den Auftritt einer der besten deutschen Rockgruppen genießen, die sehr früh unser Anliegen verstanden haben und uns mit ihrem zweiten Auftritt bei Wattstock unterstützen: Fury in the Slaughterhouse !"

  Jens Rusch hielt seine Ansprache ohne Manuskript in freier Rede. 
  Es kann also sein, dass dieses Gedächtnis-Protokoll geringfügig abweicht. 
  Die Ansprache wurde mehrmals durch Beifall unterbrochen.