Die Entmagnetisierungsstation Kudensee
Nach dem 2. Weltkrieg wurden von den Engländern Entmagnetisierungsstellen in Kudensee und Kiel–Friedrichsort eingerichtet, da noch viele Magnetminen Flüsse und Häfen unsicher machten.
Die Magnetmine
Die Magnetmine ist eine Erfindung der Deutschen Marine und war bereits vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges entwickelt und einsatzreif. Sie war eine der deutschen Geheimwaffen, die bereits zu Beginn des Krieges eingesetzt wurden und der Britischen Handelsschiffahrt empfindlichen Schaden zufügten. Diese Minen wurden von deutschen Flugzeugen meist über Nacht über den Flußmündungen und Häfen Englands abgeworfen, wo sie auf dem Grunde des jeweiligen Gewässers lagen und durch ein darüber fahrendes, stählernes Schiff zur Explosion gebracht wurden.
Wirkungsweise der Mine
Jedes Schiff, das auf den Meeren der Erde fährt, bewegt sich im erdmagnetischen Feld. Da Eisen besonders gut die magnetischen Kraftlinien leitet, bevorzugen diese auch den „eisernen“ Weg. Somit stellen Schiffe, bedingt durch ihre Größe einen magnetisch besonders gut leitenden Eisenkörper dar, durch den die Feldlinien des erdmagnetischen Feldes verstärkt hindurchwandern. Fährt ein Schiff längere Zeit unverändert den gleichen Kurs, so wirken die Kraftlinien des erdmagnetischen Feldes in dieser Zeit mit gleicher Wirkungsrichtung auf das Schiff ein und magnetisieren es langsam auf, so daß es selbst zu einem Magneten mit eigenem Kraftfeld wird. Dieses Kraftfeld ist stärker als das eigentliche erdmagnetische Feld. Die Mine war so eingestellt, daß das erdmagnetische Feld nicht ausreichte, das Relais ansprechen zu lassen, aber ein über die Mine fahrendes, eisernes Schiff mit seinem wesentlich stärkeren Eigenmagnetfeld diese Mine zur Zündung brachte.
Aufbau der Mine
Den Briten gelang es jedoch bald, die Wirkungsweise dieser Minen aufzudecken. Eine Mine war beim Abwurf auf´s Trockene gefallen und die Experten der Royal Navy erkannten, daß sie ganz und gar aus unmagnetischem Material bestand und man daraus schließen konnte, daß diese Mine durch Magnetfelder zur Zündung gebracht wurde. Beim Entschärfen ist speziell dafür hergestelltes Werkzeug aus unmagnetischem Material verwendet worden, so daß diese Mine unversehrt geöffnet werden konnte. Im Innern der Mine entdeckten dann die Briten einen besonders konstruierten, etwa 1,4m langen Magnetstab, dessen Ansprechempfindlichkeit mit einer Verstelleinrichtung auf einer Skala eingestellt werden konnte. Diese Skala trug eine Eichung in Milligauß. Nun war die Wirkungsweise des Zündmechanismus bekannt und es konnten Gegenmaßnahmen erfolgen.
Das „Entgaußen“
Die Royal Navy ging schon bald daran, ihre Schiffe durch magnetische Gegenfelder zu entmagnetisieren. Das geschah durch Kabel, die um das Schiff herumgelegt wurden und von starken Gleichströmen durchflossen wurden. Dabei entstand ein starkes Magnetfeld, das so gerichtet war, daß das Magnetfeld des Schiffes kompensiert wurde. Bezugnehmend auf die Skala des Auslösemechanismus nannten die Briten dieses Entmagnetisierungsverfahren „degaussing“, zu deutsch „Entgaußen“. Der benötigte Gleichstrom wurde in Kudensee von einem Generator erzeugt, der wiederum von einem Krupp U-Boot-Diesel 1400 PS angetrieben wurde. Daraus ist ersichtlich, mit welcher Energiemenge entmagnetisiert werden mußte.
Zur Prüfung der Restmagnetisierung fuhr das Schiff über Magnetsonden, welche die Restfeldstärke des Schiffes anzeigten. Die Gegenmagnetisierung konnte so exakt dosiert werden, daß das Schiff kein eigenes Magnetfeld mehr hatte.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges hatte die Royal Navy das Entmagnetisierungsverfahren mit nach Deutschland gebracht. Sie richtete in Kiel-Friedrichsort und in Kudensee auf der Südseite des Nord-Ostsee-Kanals (gegenüber dem jetzigen Weichendienstgebäude Kudensee) Entmagnetisierungsstationen ein, die mit deutschem Personal, das zum Teil von der ehemaligen Reichskriegsmarine übernommen worden war, betrieben wurden.
Da zu diesem Zeitpunkt noch unzählige Magnetminen auf dem Grund der Nordsee und in den Flußmündungen lagen, war es unerläßlich, eiserne Schiffe zu entmagnetisieren. Minenzwangswege wurden für die zivile Schiffahrt eingerichtet, die von den Minenräumkommandos frei geräumt worden waren. Aber immer wieder kamen Schiffe von diesen Wegen ab und liefen auf Minen. 1949 sind nachweislich 13 Schiffe durch Mineneinwirkung verloren gegangen.
Alle seegehenden Schiffe der Verwaltung, wie Tonnenleger, Bagger, Eisbrecher und andere Fahrzeuge so wie auch viele Handelsschiffe wurden hier entmagnetisiert.
Die Zündfähigkeit der Magnetminen schätzte man damals auf 12 Jahre nach Abwerfen der letzten Minen 1945 ein. Danach würden alle Minen 1957 zündunfähig werden. Kriterium dafür war die in der Mine für den Zündkreis stromliefernde Batterie.
Die Entmagnetisierungsstellen Kudensee und Kiel-Friedrichsort gehörten vom 1.1.1949 bis zur Übernahme durch die Bundesmarine im Jahre 1957 zum Wasserstraßen-Maschinenamt Rendsburg .
Im Mai 1955 wurde das Personal bereits abgebaut, da die Zahl der zu entmagnetisierenden Schiffe stark zurückgegangen war. Im August 1957 wurde dann alles an die Bundesmarine übergeben.
Zeitungsartikel und Akten
Bevor die Entmagnetisierungsstation nach Kudensee kam, existierte lt. Zeitungsartikel anscheinend eine in der Alten Schleuse (siehe Brunsbüttelkooger Zeitung vom 3.10.1949)
Auf dem Foto sind im Vordergrund noch Dalbenreste zu erkennen, die mit großer Wahrscheinlichkeit noch zur alten Entmagnetisierungsstation gehörten. Im Hintergrund links das Weichengebäude Kudensee.