Bismarck-Brunsbüttel
Textquelle: Familie Biendara und ein Artikel der BZ von 1974
Was verbindet den früheren Reichskanzler Bismarck mit Brunsbüttel?
In Kurzform ausgedrückt: Eine Schnupftabaksdose und eine der berühmten, langen Tabakspfeifen aus dem Besitz des Reichskanzlers – heute verwahrt von den Brunsbüttelern Ulf und Katja Biendara.
Hier die ganze Geschichte:
Carl Otto Emil (Rufname Emil) Witte, Urgroßvater des Brunsbüttelers Ulf Biendara, hatte in der Reichshauptstadt Berlin Koch gelernt. Er war danach u.a. in der Hotelküche des „Prälaten“ und pachtete später die Bahnhofswirtschaft in Friedrichsruh. Dann, 1891, wurde er ins fürstliche Schloß Bismarcks berufen, wo er bis 1894 Mundkoch (Leibkoch) des Reichskanzlers war.
Da in diesem Hause verständlicherweise viele „hochherrschaftliche“ Gäste erschienen, kann man sich den Aufwand der Küche – und vor allem die Arbeit des Kochs – bei den Diners vorstellen. Auch Kaiser Wilhelm II gab sich hier hin- und wieder die Ehre.
Eines Tages erhielt Emil Witte als Anerkennung seiner Kochkunst aus dem Besitz Bismarcks eine seiner berühmten langen Tabakspfeifen. Diese, mit Jagdmotiv geschmückt, ist aus Weichselholz gearbeitet und mit geschnitzten Ornamenten versehen. Der Pfeifenstiel mündet in einen Doggenkopf, da die Dogge der Lieblingshund Bismarcks war. Die Gravur des Pfeifenkopfdeckels, „Getreue Verehrer zum 1. April 1892“, deutet daraufhin, daß es sich um ein Geburtstagsgeschenk des Kanzlers handelte.
Ein weitaus wertvolleres, geschichtsträchtiges Geschenk Bismarcks an seinen Leibkoch war eine Schnupftabaksdose aus Rosenholz.
Bismarck selbst erhielt diese als damaliger preußischer Ministerpräsident nach der Schlacht bei Sedan 1870 von dem gefangenen Kaiser Napoleon III während der historischen Unterredung in Donchery, nahe Sedan.
Sie hat eine Größe von ca. 11 x 7 x 2,5 cm und ist, beidseitig zu öffnen, in Buchform gearbeitet. Den „Buchrücken“ ziert die Inschrift „VIE de NAPOLÉON“, die Vorderseite zeigt in Einlegearbeit Kaiser Napoleon I, den Korsen, zu Pferd in Feldherrenpose.
In gleicher, feiner Intarsienarbeit, z.T. durch Perlmutt hervorgehoben, wird auf der Rückseite das Grabmal (Trombeau) mit dem Sarkophag Napoleons des I. im Invalidendom zu Paris gezeigt - und über allem „schwebt“ die Trikolore.
1894 verläßt Emil Witte auf eigenen Wunsch die Küche des Kanzlers und erhält von diesem ein abschließendes, positives Zeugnis.
Nach dem Wunsch Bismarcks sollte stets ein Witte-Sohn diese Geschenkgaben vererbt bekommen. Vom Leibkoch Emil Witte, der 34-jährig starb, erbte also sein Sohn Karl Witte die Stücke.
Karl Witte, geb. 1892, konnte mit Stolz behaupten, daß einer seiner Gevattern (Taufpaten) Ihre Durchlaucht, die Fürstin von Bismarck war.
Kaufmännisches Zeugnis Karl Witte 1912, Brunsbüttelkoog
In der nächsten Generation erhielt Ursula Biendara, die Tochter von Karl Witte, die Stücke, die dann letztendlich bei dem Brunsbütteler Ulf Biendara landeten, wo sie noch heute in Ehren gehalten werden.